Life Sciences: die Politik ist gefordert, rasch zu handeln

27.11.2019

Der Erfolg der Life Sciences Branche in unserer Region ist keine Selbstverständlichkeit. An unserem «Power Talk» diskutierten Persönlichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette des weltweit führenden Life Sciences Clusters Basel über aktuelle Herausforderungen und Trends.

Ein hochkarätig besetztes Podium ging am Power Talk der Frage nach, ob die Life Sciences Branche für die Zukunft gewappnet ist, global, national und regional. Dr. Stephan Mumenthaler, Direktor scienceindustries, nannte die Bereiche mit dringendem Handlungsbedarf, wenn wir weltweit mithalten wollen: Erhalt und Ausbau der forschungsfreundlichen Rahmenbedingungen, ein wettbewerbsfähiger Produktions- und Unternehmensstandort, ein attraktiver Binnenmarkt sowie die Gewährleistung des weltweiten Marktzugangs. «Wir müssen uns auf Innovation statt auf weitere Restriktionen fokussieren und die Chancen neuer Technologien wahrnehmen, anstatt bürokratische Hindernisse aufrecht zu erhalten, oder womöglich noch auszubauen», ermahnte er.

Dr. René Buholzer, Geschäftsführer interpharma, führte in seinem Inputreferat aus, dass die Life Sciences Industrie jeden zehnten Industriearbeitsplatz in der Schweiz stellt. In der Region Nordwestschweiz erwirtschaftet die Pharmabranche ein Drittel der regionalen jährlichen Bruttowertschöpfung. Doch die Schweiz hat ihre Spitzenposition im Global Competitivness Index 2010 – 2019 des WEF bereits 2018 verloren. Ob dies ein schlechtes Vorzeichen für den Life Sciences Cluster ist? Diesen Fragen ging der anschliessende Power Talk nach.

Gefährliche Entwicklungen für den Life Sciences Cluster

In einem Punkt waren sich die Teilnehmenden des Power Talks einig: die Standortattraktivität hat in den letzten Jahren gelitten. Die Gründe dafür sind vielseitig: Dr. Peter Huber, Head Swiss Public and Economic Affairs Novartis, verwies auf wirtschaftsfeindliche Initiativen, über die die Schweizer Stimmbevölkerung abstimmte und noch abstimmen wird. Prof. Dr. Falko Schlottig, Direktor Hochschule für Life Sciences FHNW, betonte den fehlenden Zugang zu strukturierten Daten. In diesem Zusammenhang hob Walter P. Hölzle, Sonderbeauftragter für den Life Sciences Cluster Zug, das Debakel rund um das elektronische Patientendossier hervor. «Die Politik ist in der Pflicht, hier rasch zu handeln», fordert er. Weiter brachte Hölzle auf den Punkt, dass mit den Steuerplänen der OECD grosse Herausforderungen vor der Türe stehen. Mit diesen sollten die Gewinne der Unternehmen dort besteuert werden, wo diese erwirtschaftet werden, statt wie bisher am Hauptsitz, wo auch geforscht, entwickelt und somit das ganze Risiko getragen wird. Sollte der OECD-Plan umgesetzt werden, so wäre nicht nur mit massiven Steuereinbussen zu rechnen, sondern auch damit, dass Firmen nebst ihrem Sitz auch deren Produktionsstätten sowie deren F&E Abteilungen ins Ausland verlegen werden. In Bezug auf den Life Sciences Cluster steht damit sehr vieles auf dem Spiel. «Diese gefährlichen Bestrebungen müssen wir entweder bekämpfen oder sehr gute Gegenvorschläge einbringen», forderte Walter P. Hölzle.

Im Agrarbereich wieder aufholen

Grossrat Erich Bucher stellte die Diskrepanz der Forschung mit Genen zwischen der Humanforschung und der Forschung mit Pflanzen und Saatgut in Frage. Erstaunlicherweise sind humane Arzneimittel mit gentechnologisch hergestellten Wirkstoffen akzeptiert, Pflanzen hingegen nicht. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass Basel nicht mehr weltführend ist, wie es vor 20 Jahren der Fall war. «Gerade in der aktuellen Klimadiskussion und bei der Diskussion darüber, wie die Weltbevölkerung ernährt werden kann, braucht es hier wieder einen Fokus», verlangte Bucher. Regierungsrat Thomas Weber griff in diesem Zusammenhang das vor 20 Jahren eingeführte Gen-Moratorium auf und betonte den technologischen Fortschritt. «Wenn weniger Pestizide eingesetzt werden sollen, soll die natürliche Selektion und die gentechnische Forschung gefördert werden», verlangte Weber. Zudem meinte er, dass die Schweiz im Vorteil sei, weil demokratische Entscheidungen getroffen werden können. Gewinnt die Bevölkerung mittels Information und Transparenz Vertrauen, so können die technologischen Fortschritte und die damit gewinnende Lebensqualität mittels einem demokratischen Entscheid durchgebracht werden, ist sich Weber sicher.

Die Politik ist gefordert, rasch zu handeln

Der Power Talk zeigte verschiedene Themen, die die Entwicklung des Life Sciences Cluster gefährden und Herausforderungen, die dringend angegangen werden müssen. Samuel Hess, Leiter Bereich Wirtschaft und Mitglied der Geschäftsleitung des Amtes für Wirtschaft und Arbeit Kanton Basel-Stadt, fasste zusammen: «die Politik ist gefordert, die Standortattraktivität aufrechtzuhalten, rasch günstige Rahmenbedingungen zu schaffen und eine elektronische Gesundheitswirtschaft zu ermöglichen».

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