Das Ziel ist gut, der Weg ist falsch

02.05.2019

Workshop zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative

Ein Bericht von Erwin Kräuchi, Workshop-Teilnehmer

 

Die Handelskammer beider Basel lud gemeinsam mit economiesuisse zu einem Workshop zur «Unternehmens-Verantwortungs-Initiative» ein. Die Initiative wirbt mit dem Titel «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt», dem man eigentlich nichts entgegenhalten kann. Doch eine Annahme der Initiative würde der Wirtschaft massiv schaden und weitreichende negative Folgen mit sich bringen.

Die Initiative, über die wir voraussichtlich 2020 auf nationaler Ebene abstimmen werden, will die Bundesverfassung um Haftungsbestimmungen für Schweizer Unternehmen im Zusammenhang mit Umweltstandards und Menschenrechten ergänzen, wie dies kaum ein anderes Land vorsieht. In der Folge würden die Unternehmen demnach auch für Schaden haften, den ihre überall auf der Welt tätigen Zulieferer und Subunternehmer verursachen.

Mit unterschiedlichsten Erwartungen nahmen Firmenvertreterinnen und Firmenvertreter aus verschiedenen Branchen am Workshop teil: die Beweggründe der Teilnahme reichten von fachlicher Orientierung bis hin zur politischen Stellungnahme. Das Inputreferat durch Dr. Isabelle Schluep vom CCRS an der Uni Zürich gab eine spannende Übersicht auf gelebte Unternehmensverantwortung und wie Schweizer Direktinvestitionen zur Erreichung der UNO Nachhaltigkeitsziele (SDG) beitragen.

Das exzellente, juristisch geprägte Referat von Erich Herzog, economiesuisse, informierte über die Forderungen der UVI, zeigte die juristischen Probleme der Vorlage und löste beklemmende Fragestellungen aus. Wie kann eine Initiative so viele Fallstricke für die Wirtschaft und Probleme für die Arbeitnehmenden, Unternehmen und Steuerzahler in der Schweiz eröffnen? Und wie würde es weitergehen?


Die Eckpunkte zur geplanten Gegenkampagne wurden Hannes Egger von economiesuisse erläutert. Er zeigte auf, dass es im Vorfeld einer möglichen Abstimmung wichtig ist, die positiven Aktivitäten der Schweizer Wirtschaft zu beleuchten und in der Hauptkampagne aufzuzeigen, warum die Instrumente der Initiative schädlich für den Wirtschaftsstandort Schweiz sind. So werden den negativen Beispielen in den Medien positive Aktivitäten der schweizerischen Wirtschaft gegenüber gestellt. Dazu gab es auch einige kritische Fragen aus dem Publikum. Abschliessend wurden die Kernthemen der Initiative, „Klageflut", „Erpressung" und „Unternehmensrisiko", aus wirtschaftlicher Sicht diskutiert: Wer wird erpresst? Der, der sich schuldig gemacht hat? Wer hat sich schuldig gemacht? Wodurch? Ein KMU muss vor Gericht Aktivitäten verantworten, die im Ausland zum Standard gehören?! Unternehmerrisiko für wen? Für Konzerne? Für KMU? Für Lieferanten? Für Subunternehmer?

Die offene und spannende Diskussion im Anschluss zeigte: Den emotional bewegten Initianten kann nicht nur mit juristischen und akademischen Argumenten begegnet werden. Die direkte Betroffenheit der Unternehmen – Konzern oder KMU gleichwohl – und der Arbeitnehmenden muss in den Fokus rücken. Denn diese sind die Leidtragenden und würden die Konsequenzen unmittelbar zu spüren bekommen. Die Teilnehmenden waren sich einig: Die Grundlagen für eine Ablehnung der Initiative müssen frühzeitig gefestigt werden: Das Ziel ist gut, aber der Weg ist absolut falsch. Denn die Initiative torpediert auch das freiwillige Engagement von international tätigen Unternehmen und bedeutet damit einen Rückschritt im etablierten Dialog zwischen Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen.

 

Weitere Informationen

 

Zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative:


Die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative wurde im April 2015 von einer Allianz aus Nichtregierungsorganisationen und kirchlichen Institutionen lanciert. Die Volksinitiative will weltweit einzigartige Haftungsregeln für Unternehmen im Zusammenhang mit Menschrechten und Umweltstandards einführen. Die Initiative verlangt, dass Schweizer Unternehmen den Schutz von Menschenrechten und der Umwelt künftig verbindlich in sämtliche Geschäftsabläufe einbauen müssen (sogenannten Sorgfaltsprüfungspflicht). Dies gilt auch für die Auslandsaktivitäten der Unternehmen. Die Konzerne sollen für die Überwachung und Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette besorgt sein, das heisst bis hin zum «letzten Zulieferer».


Zur Umsetzung fordert die Initiative die Einführung eines Haftungsmechanismus. Schweizer Unternehmen sollen künftig auch für die Verfehlungen ihrer Tochterfirmen und der von ihnen kontrollierten Unternehmen im Ausland haften. Opfer von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörungen durch Schweizer Unternehmen sollen in der Schweiz auf Wiedergutmachung künftig klagen können. Befreit von den Haftungsfolgen wäre ein Unternehmen nur dann, wenn es beweisen kann, dass es die Sorgfaltsprüfung umsichtig und umfassend durchgeführt und alle dazu notwendigen Massnahmen getroffen hat (Beweislastumkehr).


Selbstverständlich teilt die Wirtschaft das Grundanliegen der Initiative, den Menschenrechts- und Umweltschutz weltweit zu verbessern. Diametral entgegengesetzt sind jedoch unsere Ansichten, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Die von der Initiative vorgeschlagenen extremen Haftungsbestimmungen und die Einführung neuer Gerichtsstände sind nicht zielführend. Dieser Ansatz führt zu einer schwerfälligen Bürokratie und hat zudem zur Folge, dass Rechtswege beschritten werden müssen, die oft Jahre dauern, kostspielig sind und deren Ausgang ungewiss bleibt. Firmen müssten zudem aus Gründen der Compliance (Risikobeurteilung) ihre erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Zulieferern überdenken. Damit ist das moderne Stakeholder-Management infrage gestellt. Die Initiative bringt zahlreiche Fallstricke für die Wirtschaft und Probleme für die Arbeitnehmenden, Unternehmen und Steuerzahler in der Schweiz mit sich.

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