Pflegen wir eine Willkommens-Kultur für unsere Wirtschaft?

26.11.2020

Vor einigen Jahrzehnten haben sehr viele Länder, Städte und auch Gemeinden begonnen, aktive Wirtschaftsförderung zu betreiben. Da wurden Steuern gesenkt, Versprechungen gemacht, Terrains für Neubauten zur Verfügung gestellt und mit äusserst vorteilhaften Rahmenbedingungen aktive Abwerbung betrieben. Sogar in der Schweiz fand eine Verschärfung des Standortwettbewerbs statt, hauptsächlich bei den Unternehmenssteuern. Zum Glück ist dieser Hype vorbei. Ein Gastkommentar.

Ein Gastkommentar von Dr.iur. Stephanie Eymann, Chefin Verkehrspolizei Basel-Landschaft und Kandidatin für das Regierungspräsidium Basel-Stadt 

Es gibt weltweit sehr viele ausländische Gemeinwesen, welche viel dafür tun würden, wenn Novartis, Roche, Syngenta und andere bedeutende Firmen ihren Sitz von Basel zu ihnen verlegen würden. Die Folgen für uns wären verheerend. Wenn wir seit vielen Jahren enorme Überschüsse in unserer Staatsrechnung haben, ist dies hauptsächlich der Pharmaindustrie zu verdanken. Direkt und indirekt generiert die Leitbranche überdurchschnittlich hohe Steuererträge. Sehr viele Zulieferer sind Partnerfirmen und tragen ebenfalls zur positiven Staatsrechnung bei.

Es geht nicht darum, dass sich die Politik gegenüber der Leitbranche und der übrigen Wirtschaft unterwürfig gibt und in Dankbarkeit zerfliesst, es geht um Wertschätzung. Wir verfügen über eine relativ liberale Wirtschaftsgesetzgebung in der Schweiz. Wir haben aber in regelmässigen Abständen leider auch extreme Volksbegehren der Linken, welche – bei Annahme – die Rahmenbedingungen der Wirtschaft in Schweiz und in Basel massiv verschlechtern würden. Die 1:12 Initiative der Jungsozialisten, die Erbschaftssteuerinitiative der Linken, die Unternehmensverantwortungsinitiative, die Mindestlohninitiative und noch weitere. Bedauerlich, dass die Basler Topverdienersteuer-Initiative vom Volk angenommen worden ist. Die SP spielt eine merkwürdige Rolle. Als stärkste Regierungspartei sollte sie den Mut aufbringen, auch gegen ihre Jungpartei klar Stellung zu beziehen – leider tut sie das nicht, auch nicht bei der abstrusen Forderung der JUSO, die Pharmafirmen zu verstaatlichen.

Eine Willkommens-Kultur sieht anders aus. Es reicht nicht, einmal im Jahr die Spitzen der grossen Firmen einzuladen zu einem Meinungsaustausch. Auch gegenüber den Wirtschaftsverbänden braucht es mehr Offenheit und den Willen, gemeinsam Lösungen zu finden. Es ist Aufgabe der Regierung, diese Kontakte aktiver zu pflegen. Das Präsidialdepartement muss offensiv mitwirken, die Beziehungen zur Wirtschaft – selbstverständlich nicht nur zu den grossen Firmen – intensiver zu pflegen, auch mit klaren Stellungnahmen gegen schädliche Volksinitiativen gegenüber der Bevölkerung. Das Vermitteln des Willkommensein-Gefühls gegenüber Unternehmen ist ein Dauerauftrag der Regierung und darf sich nicht auf neuzuziehende Firmen beschränken.

Stephanie Eymann ist Chefin Verkehrspolizei Basel-Landschaft und Kandidatin für das Regierungspräsidium Basel-Stadt

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