Eine enorm hohe Dichte an Stakeholdern
Das Life-Science-Ökosystem der Region Basel weist Qualitäten auf, die es in dieser Kombination weltweit nirgendwo gibt.
von Matthias Niklowitz
Erstmals erschienen im Special Standort Basel der Handelszeitung in Kooperation mit der Handelskammer beider Basel
Ausreichend Geld beziehungsweise risikofähige und weitblickende Investoren, Talente, hohe Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, Unterstützung durch die Politik – das sind die Elemente, die ein Life-Science-Ökosystem ausmachen. Basel schlägt sich beim Vergleich mit den anderen wichtigen Standorten wie London und Boston gut: Rein numerisch ist dieses Ökosystem mit 784 Teilnehmern kleiner als London (4'334 Beteiligte) oder Boston (2'754 Beteiligte). Aber wenn es um die relative Grösse – die Zahl der Teilnehmenden gemessen an der Einwohnerzahl – geht, liegt Basel vor den beiden konkurrierenden Standorten.
Um die Unterstützung durch die Politik muss man sich hier kaum Sorgen machen. «Die Region Basel ist ein starker Life-Sciences-Standort mit einem einzigartigen Ökosystem», sagt Deborah Strub, Abteilungsleiterin Cluster & Initiativen bei der Handelskammer beider Basel. «Von der Grundlagenforschung über die angewandte Forschung, Produktion, Vermarktung und Vertrieb bis zur Anwendung in der Spitzenmedizin sind alle Akteure hier auf engstem Raum vereint. Auch zeichnet sich unser Standort durch eine gute Durchmischung von Start-ups bis hin zu multinational tätigen Grossunternehmen aus.»
«Basel ist ein sehr attraktiver Life-Sciences-Standort», ergänzt Falko Schlottig, Direktor der Hochschule für Life Sciences und Standortleiter beider Basel der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). «Die Region ist zwar im globalen Kontext nicht der grösste Life-Sciences-Cluster, aber der mit dem grössten Impact.» Dazu gehören neben den intensiven Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten der Industrie eine stark in die Tiefe gehende und exzellente Grundlagenforschung in der Universität sowie eine enorm breite, anwendungsorientierte und ausgeprägt industrienahe Forschung an der Fachhochschule.
Vernetzung als Erfolgsfaktor
Ausserdem verfügt die Region über eine gute Vernetzung der Einrichtungen. «In den vergangenen zehn Jahren sind die Studierendenzahlen sowohl national als auch international stark gewachsen», so Schlottig weiter. Neue Arbeitsmodelle ermöglichen die Verwirklichungen der eigenen Ideen sowohl in der Industrie als auch in den Hochschulen. Allerdings entsteht in der Praxis bei der angestrebten 50-Prozent-Aufteilung zwischen Forschung und Betrieb oft eine Doppelbelastung. Eine nicht zu unterschätzende Hürde.
Lob kommt auch von Start-ups wie Anaveon. «Die Region Basel ist für Life-Science-Unternehmen äusserst attraktiv», sagt Andreas Katopodis, CEO von Anaveon. Die 2017 gegründete Biotech-Firma beschäftigt sich mit der Entwicklung neuer Medikamente unter der Anwendung eines einzigartigen Ansatzes mit Proximity-aktivierten Zytokinen. Hier braucht es entsprechendes Fachpersonal. Das ist in Basel vorhanden.
Auch die beiden Basler Pharmariesen loben den Standort. «Basel war und ist zentral für Novartis», heisst es vom Unternehmen. Man verweist aber auch auf den internationalen Wettbewerb. «Um eine dem internationalen Wettbewerb gewachsene und starke Pharmaindustrie mit allen nötigen Forschungs- und Produktionskapazitäten weiterhin in der Schweiz zu erhalten, sind gute Rahmenbedingungen auf dem Heimmarkt essenziell, da Forschung und Produktion langfristig diesem folgen», heisst es von Roche. Wichtig seien hier Dinge wie eine faire und schnelle Vergütung von Medikamenten, der Zugang zu Fachkräften durch eine Sicherung der bilateralen Beziehung zur EU, Forschungsökosysteme mit internationaler Vernetzung durch Programme wie Horizon sowie eine attraktive Steuerpolitik.
Zu wenig Risikokapital
«Eine zentrale Herausforderung für die Entwicklung junger Life-Science-Unternehmen istdie begrenzte Verfügbarkeit von Risikokapital», beobachtet Rentsch. «Diese Problematik ist nicht Baselspezifisch, sondern eine europaweite Herausforderung. Die Ursachen liegen in einer insgesamt zu geringen Risikobereitschaft sowie in einer noch unterentwickelten Risikokapitallandschaft.» Und auch Unternehmer Katopodis sieht Verbesserungspotenzial. «Ein besseres Netzwerk an lokalem Risikokapital wird sicherlich mehr Start-ups helfen.» Und final sieht Schlottig weiteres Verbesserungs-potenzial in der Vielzahl an Regulierungen und Vorschriften, die mittlerweile so umfangreich sind, dass sich auch viele Forschende und Dozierenden mit grossem Zeitaufwand damit befassen müssen.