100 Tage im Amt

09.12.2020

Christoph Mäder ist seit 100 Tagen Präsident des Dachverbandes economiesuisse. Welche Wirtschaftsthemen stehen an und wie sieht er die zukünftige Rolle von Wirtschaftsverbänden? Wir haben nachgefragt. 

Herr Mäder, Sie sind seit 100 Tagen Präsident des Dachverbandes economiesuisse. Welche Themen stehen für die Wirtschaft an?

Ich sehe im Wesentlichen acht grosse Herausforderungen: Erstens muss der Einfluss des Staates auf ein gesundes Mass beschränkt bleiben. Damit meine ich natürlich die Steuern und Abgaben, aber auch die Überregulierung und das Vordringen des Staates und seiner Unternehmen in privat-wirtschaftliche Märkte. Zweitens müssen die dringend notwendigen Reformen in unseren Sozialwerken rasch angepackt werden. Das betrifft insbesondere die erste und die zweite Säule unserer Altersvorsorge. Drittens muss unsere Aussenwirtschaftspolitik mit gezielten Massnahmen den internationalen Handel fördern. Protektionistischen Massnahmen hingegen müssen wir verhindern. Viertens müssen die Schweizer Unternehmen auch in Zukunft über maximal mögliche Freiräume verfügen. Auf einen Swiss finish bei der Übernahme von internationalem Recht ist zu verzichten. Fünftens sind Schweizer Ziele und Vorgehen im Klimaschutz international zu koordinieren. Sämtliche wirtschaftlichen Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgase sollen im Inland wie im Ausland ausgeschöpft werden können. Die Unternehmen sollten selber entscheiden, auf welche Art und Weise sie vorgehen wollen und können. Sechstens gilt es, die Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank zu wahren. Denn sie ist ein wichtiger Garant für die Stabilität der Schweizer Wirtschaft und muss ohne Einflussnahme durch die Politik agieren können. Siebtens gilt es die Chance des Digitalisierungsschubs, der durch die Covid-Pandemie ausgelöst wurde, zu nutzen. Dazu braucht es rasch die nötigen Anpassungen bei der digitalen Infrastruktur wie 5G und den relevanten Gesetzgebungen, etwa zur elektronischen Identität. Und last but not least sollten Ausgaben für Bildung, Forschung und Innovation im Budget des Bundes und der Kantone priorisiert und forschungsfreundliche Rahmenbedingungen garantiert werden. Innovation und gut ausgebildete Fachkräfte waren schon immer Haupttreiber der wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz.

Was ist die Rolle der Wirtschaftsverbände in Zukunft?

Als Interessenvermittler zwischen Wirtschaft und Staat werden die Verbände auch in Zukunft einen wertvollen Beitrag zum Funktionieren unserer Demokratie leisten. Indem sie die Anliegen der Unternehmen bündeln und gegenüber der Politik vertreten, sind sie ein wichtiger Teil unseres politischen Systems und des politischen Entscheidungsprozesses. Allerdings können sie diese Funktion für ihre Mitglieder nicht kostenlos erfüllen, weshalb sie ihren Mitgliedern gegenüber immer wieder ihre Legitimation aufzeigen müssen. Eine wesentliche Herausforderung für die Wirtschaftsverbände orte ich deshalb einerseits im permanenten Einbezug der Miglieder und andererseits auch im intensiveren Dialog mit Politik und Gesellschaft. Es muss den Wirtschaftsverbänden besser gelingen, den Nutzen einer liberalen Markt- und Wirtschaftsordung für den Wohlstand unseres Landes aufzuzeigen und gleichzeitig die Eigenverantwortung jedes einzelnen zu stärken und den Staatseinfluss zurückzudämmen.

Christoph Mäder, Präsident economiesuisse: «Es muss besser gelingen, den Nutzen der liberalen Markt- und Wirtschaftsordnung für den Wohlstand unseres Landes aufzuzeigen.»

Sie haben lange Zeit in unserer Wirtschaftsregion gearbeitet. Was zeichnet unsere Region aus, wo liegen ihre Stärken?

Die Nordwestschweiz ermöglicht Zehntausenden von Arbeitskräften aus dem In- und Ausland ein geregeltes Einkommen. Die Stärken dieser Wirtschaftsregion liegen meines Erachtens in der hervorragenden Erschliessung und in der gesamten Verkehrsinfrastruktur, das heisst auf Schienen, Strasse und Wasser wie auch über die Luft. Als ganz wesentlich erachte ich auch die Nähe zu hochstehenden Bildungsinstitutionen, allen voran zur Universität. Die Verfügbarkeit von hochqualifzierten Fachkäften ist für die Unternehmen ein kritischer Erfolgsfaktor. Und schliesslich empfinde ich auch die Lebensqualität in dieser Region als sehr hoch.

Und was wünschen Sie sich persönlich für die Wirtschaft im nächsten Jahr?

Ich wünsche mir, dass die Pandemie endlich ein Ende nimmt und dass sie in unserer Gesellschaft trotz des Leids der Angehörigen und den Entbehrungen von uns allen keine allzu tiefen Narben hinterlässt. Wirtschaftlich werden wir wieder auf die Erfolgsspur zurückkehren, denn die Strukturen unseres Landes sind intakt. Dann gilt es die Corona-Schulden wieder abzubauen, damit wir unseren Kindern ein geordnetes Haus übergeben.

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