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bis zu einem Drittel unserer Forschungs- Hafen: Die Krisen sind eine grosse Her- dass wir die Handelsbeziehungen mit un-
und Entwicklungsausgaben durch EU- ausforderung für unser Unternehmen. In seren Nachbarn einfach mit Exporten nach
Gelder finanzieren. Um weltweit mit der dieser unsicheren Zeit sind verlässliche Übersee ersetzen müssen. Das sind Träu-
Spitze mithalten zu können, brauchen wir Beziehungen zu unserer grössten Handels- mereien. Für die Life Sciences ist zentral,
dringend wieder den Zugang zum europäi- partnerin EU zentral. Als Wirtschafts- dass die Forschungszusammenarbeit gesi-
schen Forschungsnetzwerk. standort mitten in Europa müssen wir uns chert ist. Bedeutend ist auch ein Stromab-
jetzt mehr denn je mit der EU abstimmen. kommen, damit eine bezahlbare und nach-
Schneider-Schneiter: Der renommierte haltige Versorgung sichergestellt ist und
Konjunkturforscher Jan-Egbert Sturm Schneider-Schneiter: Der bilaterale Weg wir zur Energiewende beitragen können.
stellte Anfang Jahr in der «NZZ» fest, dass hat sich als grosser Erfolg erwiesen. Er bietet Wir erwarten, dass die Verhandlungen bis
ohne Zuwanderung die Produktivität der uns massgeschneiderten Zugang zum EU- Ende Jahr abgeschlossen sind. Vor allem
Schweiz zurückgehen würde. Die Perso- Binnenmarkt und überlässt uns grösst- exportierende und forschende Unternehmen
nenfreizügigkeit mit der EU ist enorm mögliche politische Selbstständigkeit. Es wie das meine brauchen endlich wieder
wichtig für unsere Wirtschaft. Trotzdem gibt schlicht keine sinnvollen Alternativen Rechts- und Planungssicherheit. •
steht sie immer wieder in der Kritik. Was dazu. Ein EU-Beitritt ist weder wünschbar
sagst du als Unternehmer dazu? noch mehrheitsfähig. Auch die Idee, die GABRIEL SCHWEIZER,
Leiter Aussenwirtschaft
Bilateralen durch ein Freihandelsabkommen g.schweizer@hkbb.ch
Hafen: Wo man auch hinhört, fast überall zu ersetzen, ist nicht realistisch. Sie würde
fehlen Arbeitskräfte. Die Demografie, aber uns vor ähnliche Herausforderungen stellen
auch der verbreitete Wunsch nach Teilzeit- wie die jetzigen Verhandlungen. Wie muss
arbeit sind Treiber dieser Entwicklung. es weitergehen?
Ohne Personenfreizügigkeit wäre die Situ-
ation noch viel gravierender. Auch bei Hafen: Ich teile diese Analyse. Wir sind
Bühlmann sind wir auf Fachkräfte aus keine Euro-Turbos und wir wollen keinen
dem Ausland angewiesen. Von unseren Beitritt zur EU. Allerdings können wir
gut 130 Mitarbeitenden haben 80 eine aus- auch nur den Kopf schütteln, wenn uns
ländische Staatsangehörigkeit. Unterneh- Politikvertreter glauben
men investieren nun auch deshalb ver- machen wollen,
mehrt in Automation. Das machen auch
wir so. Allerdings ist das nicht überall
möglich, auch bei uns nicht. Und dann lei-
det über kurz oder lang die Produktivität,
oder die Qualität.
Schneider-Schneiter: Wir leben in
unsicheren Zeiten mit neuen Kriegen
und geopolitischen Spannungen.
Wie kann ein gelingender Aussen-
handel zu mehr Stabilität beitragen?
Elisabeth SchneiderSchneiter, Nationalrätin,
Mitglied Aussenpolitische Kommission und
Präsidentin Handelskammer beider Basel, mit
Dr. Thomas Hafen, CEO Bühlmann Laboratories AG
und Präsident Aussenwirtschafts kommission
Handelskammer beider Basel.
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