Stellungnahme zum Traktandum 41: «WMS und duale Lehre mit BM»
Traktandum 41: Sicherstellung der Attraktivität der dualen Berufsbildung im Kanton Basel-Landschaft – klare Abgrenzung zur Wirtschaftsmittelschule (WMS)
Die WMS als bewährter Bestandteil des Bildungssystems
Die Wirtschaftsmittelschule (WMS) ist seit Jahrzehnten ein integraler Bestandteil des Schweizer Bildungssystems. Sie bietet eine schulisch organisierte Alternative zur dualen kaufmännischen Grundbildung und ermöglicht den Erwerb derselben Abschlüsse (EFZ und Berufsmaturität). Dieses Modell ist gesetzlich verankert und verfolgt das Ziel, Jugendlichen einen Bildungsweg zu bieten, der ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht.
Stabile Nachfrage – kein Mangel
Eine Umfrage der Handelskammer beider Basel mit über 100 Antworten von Unternehmen zeigt: Es besteht eine stabile Nachfrage nach kaufmännischen Abschlüssen in der Region, insbesondere in der höheren Berufsbildung – es gibt jedoch keinen akuten Mangel. Die Behauptung des Motionärs, es gebe einen Missstand, wird durch die Rückmeldungen der Wirtschaft nicht gestützt.
WMS oder KV-Lehre?
Die WMS richtet sich an Jugendliche, die bewusst eine schulische Ausbildung wählen. Für weitere Bewegungsgründe von Jugendlichen für die WMS oder die duale Lehre hier Beispiele aus der oben erwähnten Regierungsantwort:
- WMS-AbsolventInnen: 48,9 % streben einen kaufmännischen Beruf an, 35 % planen aber bereits den Weg in die Tertiärausbildung.
- KV-Lernende: Nur 57,6 % interessieren sich tatsächlich für den kaufmännischen Beruf; für ebenso viele steht der Lohn im Vordergrund.
So ist für junge Menschen in beiden Ausbildungen die berufliche Zukunft wichtig, dafür sind auch etwas persönlichere Prioritäten ausschlaggebend. Das Gegeneinander-Ausspielen von Ausbildungswegen ist aber weder im Interesse der Wirtschaft noch der Jugendlichen. Fachkräfte werden auf allen Stufen gebraucht.
Kostenvergleich
Die WMS verursacht klar höhere Kosten für die öffentliche Hand. Allerdings berücksichtigt die Motion bei der KV-Lehre eine Mischpauschale. Rechnet man die Berufsmaturität ein, steigen die Kosten pro Lehrling im dualen System auf rund 43'620 CHF. Ein direkter Vergleich ist daher komplex. Bei einer Zugangsbeschränkung zur WMS, wie die Motion sie fordert, wird es voraussichtlich zu einer Verschiebung in die FMS (Fachmittelschule) kommen. Diese Ausbildung ist kostenmässig mit der WMS vergleichbar. Kurz- und mittelfristig wird es daher kaum zu Kosteneinsparungen kommen.
Berufsmaturität als Königsweg
Was bei der Diskussion rund um die WMS oftmals vergessen geht, ist die Tatsache, dass ihre AbsolventInnen mit der Berufsmaturität abschliessen. Diese Quote liegt im Baselbiet bei 17 Prozent und entspricht den Kantonen Aargau, Bern und Zürich. 80 Prozent der Jugendlichen mit Berufsmaturität treten innerhalb von vier Jahren in die Tertiärstufe ein – eine zentrale Zielgruppe für Fachhochschulen und damit für die Wirtschaft.
Chance für junge Männer
Zudem zeigen aktuelle Zahlen, dass v.a. junge Männer von der WMS und der Berufsmaturität profitieren. Die WMS trägt damit, gemäss Bildungsbericht des Kantons Basel-Landschaft 2023, zur Geschlechterbalance bei und bietet jungen Männern eine wichtige Perspektive:
| Fachmaturität (FMS) | Gymnasium | Berufsmaturität (dual/WMS) | |
| Frauen | 11 % | 27 % | 16 % |
| Männer | 3 % | 19 % | 19 % |
Auswirkungen einer Zugangsbeschränkung
Sollte der Zugang zur WMS beschränkt werden, wie es der Motionär verlangt, hätte das auch Auswirkungen auf die Anzahl von Lehrstellen mit BM. Aktuell schliessen jährlich rund 170 WMS-AbsolventInnen mit der Berufsmaturität ab. Wenn nur die Drittel dieser jungen Menschen zukünftig eine Lehrstelle suchen müsste, wären das 56 zusätzliche Lehrstellen mit BM-Angebot. Da die Ausbildung drei Jahre dauert, müssten in der Übergangsphase jedes Jahr weitere 56 Lehrstellen – also insgesamt 168 zusätzliche Lehrstellen angeboten werden. Die eingangs erwähnte Umfrage zeigt jedoch, dass die Wirtschaft auf eine solche Ausweitung nicht vorbereitet ist und eine solche auch nicht fordert.
Fazit
Die WMS ist ein bewährtes und gesetzlich verankertes Modell, das Jugendlichen eine wertvolle Alternative zur dualen Ausbildung bietet. Sie stärkt die Berufsmaturitätsquote, fördert den Zugang zur Tertiärbildung und trägt zur Fachkräftesicherung bei. Die vorliegende Motion erzeugt künstliche Gegensätze und gefährdet die Vielfalt des Bildungssystems, ohne dass ein realer Mangel nachgewiesen ist. Statt Zugangsbeschränkungen braucht es eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Schulen, Wirtschaft und Politik, um die Bedürfnisse aller Beteiligten zu erfüllen. Dabei soll die duale Berufsbildung attraktiver gemacht werden (Pull-Effekt) und nicht Ausbildungswege gegeneinander ausgespielt werden.
Wir bitten Sie daher, die Motion nicht zu überweisen.