Müssen Biotech-Startups stärker gefördert werden?

13.08.2025

Wenn es um Life Sciences geht, macht der Region Basel niemand etwas vor. Kein anderer Standort hat auf so kleinem Raum ein so vielfältiges Innovations-Ökosystem zu bieten. Mittlerweile sind in der Region Basel 800 Firmen in den Life Sciences tätig – und fast täglich kommen neue dazu. Doch werden Biotech-Startups genügend gefördert? Und welche Angebote gibt es überhaupt?

Was macht die Region Basel als Standort für Life Sciences einzigartig? 

Christof Klöpper: Was die Basel Area einzigartig macht, ist die unglaubliche Dichte an Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Talenten – und das alles auf kleinem Raum. Neben den grossen Konzernen Roche und Novartis hat sich eine lebendige Szene mit spannenden Startups und innovativen KMU gebildet. Sie alle profitieren in hohem Mass von der Nähe zu akademischen Institutionen und Forschungseinrichtungen, vom Talentpool sowie dem dichten Umfeld an spezialisierten Dienstleistern und Zulieferern. Die Wege sind kurz und die Leute kennen sich, was den Austausch und die Zusammenarbeit sehr vereinfacht und Innovationen fördert. Basel wird gerne als Boston von Europa bezeichnet. Sogar die im Bereich Biotech führende US-Nachrichtenplattform Fierce Biotech hat sich kürzlich gefragt, ob Basel das neue Boston sei. Boston ist der wichtigste Biotech-Hub der Welt, wir müssen schauen, dass Basel der wichtigste Biotech-Hub Europas bleibt.

Martin Dätwyler: Unsere Region vereint die gesamte Wertschöpfungskette – von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung in der Spitzenmedizin. Das macht sie zum weltweit führenden Life Sciences-Standort und schafft ein einzigartiges Ökosystem, gerade für Startups. Zudem wissen die regionalen Behörden und die Politik um die hohe Relevanz unserer Life Sciences-Industrie für die nationale Volkswirtschaft und stärken sie gezielt. Das zeigt das Basler Standortpaket, mit dem Basel auf die OECD-Mindeststeuer reagiert und Innovation, Gesellschaft und Umwelt fördert. Wir bieten auf unserer Website und mit Webinaren Tipps für das Beantragen der Gelder. Schweizweit einzigartig ist auch der Life Sciences Cluster Basel der Handelskammer, bei dem Vertretende aus Industrie, Wissenschaft, Gesundheitswesen und Verbänden Zukunftsthemen identifizieren, um die Rahmenbedingungen aktiv mitzugestalten. Kurzum: Nicht nur das ideale Umfeld, auch eine starke Gemeinschaft machen unsere Region für die Life Sciences so attraktiv.

Weshalb sind Innovationen im Bereich Life Sciences zentral für die Region Basel?

Dätwyler: Die Life Sciences tragen über ein Drittel am regionalen BIP bei. Das zeigt ihre immense Wirtschaftskraft. Damit sie Motor für wirtschaftliche Entwicklung und Wertschöpfung bleiben können, müssen wir ihre Innovationsfähigkeit stärken. Dazu müssen wir bei der Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten vorwärtsmachen. Sie ist die Basis für die jetzige Transformation, die die Life Sciences-Industrie weltweit durchlebt. Und sie ist entscheidend auf dem Weg hin zu einer datenbasierten Gesundheitswirtschaft, von der Gesundheitsversorgung, Forschung und Entwicklung profitieren. Dazu müssen Gesundheitsdaten in digitaler, strukturierter, anonymisierter Form als Produktionsfaktor zur Verfügung stehen. Diese Entwicklung müssen wir mitgehen, wenn unser Standort seine Innovationskraft behalten will. In der Schweiz stecken wir dabei aber noch in den Kinderschuhen.

Klöpper: Die Life Sciences sind das Rückgrat unserer Region. Keine andere Branche ist so wichtig wie die Life Sciences, die für die Wertschöpfung in der Schweiz eine enorme Bedeutung haben. Die Life Sciences, zu denen neben Pharma und Biotech auch die Bereiche Medtech, Healthtech und Agrotech gehören, zeichnen sich durch eine hohe Dynamik aus. Neue Entwicklungen und Innovationen sind an der Tagesordnung, was für unsere Region zugleich Chance und Gefahr ist. Deshalb sind Innovationen der Motor, um unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und den Standort nachhaltig weiterzuentwickeln. Weil Stillstand Rückschritt bedeutet, muss sich die Basel Area in Forschung, Technologie und Produktion ständig weiterentwickeln. Sonst verliert der Standort an Dynamik. Wir müssen bestrebt sein, neue Therapien zu entwickeln und medizinische Fortschritte zu erzielen. So werden neue Arbeitsplätze geschaffen, Unternehmensgründungen gefördert und das gesamte regionale Ökosystem wird gestärkt. Davon profitiert die ganze Region.

Erhalten Biotech-Startups Unterstützung von Basel Area Business & Innovation?

Klöpper: Ja, auf jeden Fall. Speziell hervorheben möchte ich BaseLaunch, unseren Inkubator für Biotech-Startups. Seine Erfolgsbilanz ist europaweit unerreicht: Seit seiner Gründung 2018 hat BaseLaunch 28 Unternehmen unterstützt. In elf dieser Unternehmen haben Risikokapitalfonds und Pharmafirmen über eine Milliarde Dollar investiert. Ausserdem wurden zwei Unternehmen verkauft, darunter die Biotechfirma T3 Pharma, die 2023 für 507 Millionen Dollar von Boehringer Ingelheim gekauft wurde. Bei BaseLaunch wird jede neu aufgenommene Firma mit bis zu 500`000 Franken unterstützt, wobei diese Mittel von grossen Life Sciences Unternehmen stammen. Diese Mittel helfen den Firmen, sich fit für eine Folgefinanzierung durch Risikokapitalfonds oder Pharmafirmen zu machen. Die Liste der Partner von BaseLaunch liest sich wie das Who is Who der Pharmaindustrie. Mit Roche, Johnson & Johnson, AbbVie und Novo Nordisk gehören vier der zehn weltweit grössten Pharmaunternehmen zu den Partnern von BaseLaunch.

Dätwyler: BaseLaunch ist ein wichtiger Baustein im Innovationsökosystem der Region. Der Inkubator fördert den Wissenstransfer, vernetzt junge, innovative Forschung mit der Wirtschaft und stärkt so die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts. Neben finanzieller Unterstützung, vor allem in ihren Anfangsjahren, ist es für Startups genauso wichtig, auf strategische Hilfestellungen und auf das Know-how von erfahrenen Branchenexpertinnen und -experten sowie Investoren zurückgreifen zu können. Das starke Life Sciences-Netzwerk der Region ist ein weiteres Plus: Startups profitieren von der Nähe zu etablierten Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Behörden – und können so ihre Ideen schneller und gezielter weiterentwickeln. Umgekehrt bietet die Nähe zu Startups Unternehmen und Investoren frühzeitig Zugang zu neuen Technologien und Kooperationsmöglichkeiten. 

Frau im Labor Die Region Basel bietet den 800 Life Sciences-Firmen in der Region ein vielfältiges Innovations-Ökosystem.
Hat auch die Handelskammer beider Basel ein Unterstützungsangebot für Biotech-Startups?

Dätwyler: Akzeleratoren, Inkubatoren und der enge Austausch mit Behörden sind zentral für unseren Life Sciences-Standort. Seit 2023 bietet unser Life Sciences Cluster Basel zusammen mit CSEM Unternehmen und Startups die Möglichkeit, sich frühzeitig mit der Zulassungsbehörde Swissmedic auszutauschen und abzuklären, was im Entwicklungs- und Zulassungsprozess zu beachten ist – vertraulich, unverbindlich und direkt vor Ort im Switzerland Innovation Park Basel Area in Allschwil. Das verkürzt die «Time to Market» und bringt Innovationen schneller zu den Patientinnen und Patienten. Das Angebot wird laufend erweitert, zum Beispiel um Themen wie KI-gestützte Produktion oder dezentrale Herstellungsverfahren. 18 Firmen haben unser Angebot bisher in Anspruch genommen. Die nächsten Termine sind am 16. September und 4. November. Und noch ein Tipp: Für Startups, die in regionale Förderprogramme eingebunden sind, bieten wir bei der Handelskammer eine vergünstigte Mitgliedschaft – inklusive Zugang zu unserem starken Netzwerk.

Klöpper: Biotech-Startups profitieren in unserer Region von flexiblen Flächen- und Infrastrukturangeboten, zum Beispiel im Tech Park Basel oder im Switzerland Innovation Park Basel Area, der auf Initiative der Handelskammer beider Basel und der Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Jura entstanden ist. Wer sich dort niederlässt, erhält nicht nur Zugang zum Ökosystem, sondern hat auch die Möglichkeit, in einem Shared Lab einzelne Laborplätze zu mieten und gemeinsam mit anderen verschiedene Labor-Infrastrukturen zu nutzen. Bezüglich der Dichte von Unterstützungsangeboten für Biotech-Startups ist unsere Region einzigartig in Europa.

Müsste in der Region Basel mehr getan werden, um Biotech-Startups zu unterstützen?

Klöpper: Wir sollten vor allem darauf bedacht sein, das Bisherige zu bewahren und punktuell zu verbessern. Mit guten Rahmenbedingungen, moderner Infrastruktur, hoher Forschungsqualität und einer Weiterentwicklung des Inkubators BaseLaunch legen wir eine solide Basis. Für die Region bleibt es wichtig, dass die Kantone in diesen Bereichen weiterhin an einem Strick ziehen. Klares Verbesserungspotenzial sehe ich bei der Finanzierung von Biotech-Startups. Es sollte mehr  Risikokapital zur Verfügung stehen. Hier hinken wir den USA deutlich hinterher und auch Asien und insbesondere China holen auf. Gefordert sind insbesondere Private, Risikokapital zur Verfügung zu stellen, damit eine Finanzierungsdynamik in Gang kommt. Wichtig wäre, dass Projekte bereits in der frühen Phase stärker gefördert würden. Wenn dies gelingt, wären die Startups in der späteren Phase besser in der Lage, selbst mehr Geld einzuwerben.

Dätwyler: Die Swiss Biotech Days haben eine enorme internationale Strahlkraft – deshalb müssen wir sie in der Region halten und weiterentwickeln. Und es gilt die Rahmenbedingungen aktiv zu pflegen – wir müssen besser werden, um gut zu bleiben. Das beginnt beim Heimmarkt: Wir brauchen endlich Fortschritte bei der Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten, eine faire und zügige Vergütung neuer Medikamente, besseren Zugang zu Fachkräften und eine attraktive Steuerpolitik. Gleichzeitig gilt es unnötige Regulierungen abzubauen. Viele Vorschriften sind so komplex, dass sie Forschende viel Zeit kosten – das bremst Innovation und macht es gerade für Startups am Anfang schwierig. Auch der Zugang zum EU-Markt und zu Forschungsprogrammen wie Horizon sind zentral – genauso wie die Vernetzung mit neuen Technologien. In der Region wächst das Know-how rund um KI, Quantencomputing und Supercomputing rasant. Auch hier setzen wir an: Unsere Mitglieder erhalten zum Beispiel drei Monate kostenlosen Zugang zu einem KI-Supercomputer, damit sie diese Technologien direkt für sich nutzen können.

Porträt von Christof Klöpper und Martin Dätwyler Christof Klöpper, CEO Basel Area Business & Innovation, und Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel.

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