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aus Effizienzsicht einzig Richtige zu tun, «braucht», kann und sollte nicht der Staat
nämlich wettbewerbsfreundliche, unver- entscheiden, sondern der Markt. Und
zerrte Rahmenbedingungen zu setzen und damit dieser effizient spielt, sollten Gross-
es der Privatwirtschaft zu überlassen, in banken nicht durch eine De-facto-Staats-
welchen Branchen sie Firmen welcher Grös- garantie geschützt werden, die darin
se etablieren möchte. besteht, dass sie «too big to
fail» sind und deshalb – an- «DIE SCHWEIZ IST WIRTSCHAFTLICH SEHR
MARKT ZEIGT, WAS ES BRAUCHT ders als alle anderen Unter- GUT DAMIT GEFAHREN, DIE RESSOURCEN
Industriepolitik ist keineswegs auf die nehmen – im Krisenfall durch ALLOKATION WEITGEHEND DEM PRIVATEN
Industrie beschränkt, sondern lässt sich den Staat gerettet werden SEKTOR ZU ÜBERLASSEN UND AUF EINE
auch bei Dienstleistungen beobachten. So müssen. INDUSTRIEPOLITIK ZU VERZICHTEN.»
wird seit der Übernahme der CS durch die
UBS oft betont, wie wichtig es sei, dass die WIRTSCHAFTSPOLITIK
Schweiz eine global tätige Grossbank hat IST ERFOLGREICHER
und dass man deshalb mit der Regulierung Weder in der Klimapolitik noch in der
der neuen UBS vorsichtig sein sollte. Diese Finanzmarktpolitik besteht aufgrund aktu-
Einschätzung hat einen stark industrie- eller Entwicklungen ein Anlass, von diesem
DAS WA R UNSERE
politischen Beigeschmack. Welche Art von Verzicht auf planwirtschaftliche Ansätze «WERKSTATT BASEL»
ZUR INDUSTRIEPOLITIK
Finanzinstituten die Schweiz in Zukunft abzuweichen. •
NACHGEFRAGT: PROF. DR. BRUNETTI, BETREIBT
DER KANTON BASEL-STADT MIT SEINEM OECD-
STANDORTPAKET BEREITS INDUSTRIEPOLITIK?
Die OECD-Politik zwingt den Kanton dazu, ausgerechnet die wohl am wenigsten industriepolitische
Massnahme zur Steigerung der Standortattraktivität – möglichst tiefe Besteuerung für alle Unterneh-
men – zu verwässern. Aus meiner Sicht positiv zu vermerken ist, dass die Regierung bei der Vorstel-
lung des Paketes erkennen liess, dass sie am liebsten gar nichts getan hätte, das aber leider keine
Option war. Das Paket selbst zeigt denn auch meines Erachtens weitgehend den Willen der Regierung,
nicht industriepolitisch vorzugehen und stattdessen kompensierende Massnahmen zu ergreifen, die
möglichst breit zugänglich sind, ohne gewisse Unternehmen oder Branchen zu bevorzugen. Der
Grossteil der Mittel soll in die Innovationsförderung gehen, ohne industriepolitisch motivierte Diskri-
minierung. Im Einzelnen kann man über die Kriterien, die bei der Beurteilung zur Anwendung kommen
sollen, sicher debattieren – es ist nicht leicht, «Innovation» klar zu definieren –, aber sie scheinen
allgemein genug formuliert, um eine übermässige Bevorzugung bestimmter Unternehmen zu vermeiden.
Neben der Innovationsförderung soll ein deutlich kleinerer Betrag einerseits in die Förderung der
freiwilligen Elternzeit gehen und andererseits in die Unterstützung von Firmen, die in die Reduktion
von Treibhausgasen investieren. Man kann sich bei beiden Massnahmen fragen, ob sie wirklich am
besten geeignet sind, einen Beitrag zur Standortverbesserung zu leisten, aber sie haben wiederum
keinen industriepolitischen Charakter, da sie nicht bestimmte Branchen oder Unternehmen adressieren.
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