Arbeitsrecht im Metaverse

12.12.2022

Das Metaverse verspricht neue Möglichkeiten für die Arbeit der Zukunft. Doch auch im virtuellen Raum braucht es Rechtssicherheit.

Noch klingt es wie Zukunftsmusik – das Metaversum oder Metaverse, also ein digitaler Raum, der durch das Zusammenwirken virtueller und physischer Realität entsteht. Es verspricht neue Formen der Zusammenarbeit und weltweiten Zugang zu Arbeitnehmenden und Dienstleistern. Aktuell sind zahlreiche Gruppierungen und Unternehmen am Werk, dem Metaverse Gestalt zu geben. Kurt Pärli, Professor für Soziales Privatrecht an der Universität Basel, beobachtet diese Entwicklung mit grossem Interesse: «Neue Formen der Zusammenarbeit haben auch arbeitsrechtliche Auswirkungen.» Denn die Arbeitgeber tragen die Verantwortung für ihre Mitarbeitenden, auch wenn diese in digitalen Welten ihrer Tätigkeit nachgehen. Pärli nennt als Beispiel die Virtual-Reality-Brille, die für die Nutzung des Metaverse notwendig sein wird: Noch bestehe Ungewissheit darüber, wie viele Stunden pro Tag Arbeitnehmende diese tragen dürften, ohne gesundheitliche Schäden davon zu tragen.

Viele offene Fragen

Für den Juristen ergeben sich mehrere Fragen: Wie sind die Vertragsverhältnisse bei Tätigkeiten im Metaverse ausgestaltet? Welches Recht ist anwendbar, wenn es zu Streitigkeiten kommt? Wo kann wer eine Klage einreichen; nach welchen Regeln wird der Gerichtsstand bestimmt? Und welche Sozialversicherungen sind zuständig? Auch der Persönlichkeits- und Gesundheitsschutz, Themen wie Mobbing und Diskriminierung, Arbeitnehmerdatenschutz und die Mitbestimmung seien zu klären. «Es braucht Regelungen, welches Arbeitsrecht im Metaverse gilt», sagt Pärli. Denn das Arbeitsrecht ist in weiten Teilen nationales Recht, und die Durchsetzung erfolgt durch nationale Behörden, Gerichte und Sozialpartner.

Mann im Metaverse Durch das Metaverse entstehen neue Formen der Zusammenarbeit und ein weltweiter Zugang zu Arbeitnehmenden und Dienstleistern. Dies hat auch arbeitsrechtliche Auswirkungen.
Kein rechtsfreier Raum

Eine Eigenschaft jedoch, die das Metaverse ausmachen soll, lautet: Niemand kontrolliert das Metaverse. «Hinter den Technologien im Internet stehen weltweit vor allem vier grosse Unternehmen. Es ist also nicht wahr, dass niemand das Metaverse kontrolliert», stellt der Rechtsprofessor klar. Es brauche eine Regulierung, die demokratisch abgestützt sei, damit kein rechtsfreier Raum entstehe. Er erinnert sich an den Fall Uber. Uber ist ein US-amerikanisches Dienstleistungsunternehmen und bietet in vielen Städten der Welt Online-Vermittlungsdienste zur Personenbeförderung an. Das Bundesgericht entschied im Mai 2022 in einem den Kanton Genf betreffenden Fall, dass es sich bei Uber-Fahrerinnen und -Fahrern um unselbstständige Erwerbstätige handelt. Das Unternehmen muss ihnen nun Löhne und Ferienentschädigungen bezahlen und überdies die gesetzlichen Beiträge an die Sozialversicherungen leisten. Pärli: «Bei den Internetplattformen wie Uber haben Gerichte und auch der Gesetzgeber eher zu spät reagiert. Aus diesen Fehlern sollten wir lernen und die neusten Technologien, die uns alle betreffen werden, rechtzeitig regeln.»

Aus seiner Sicht muss das Rad nicht neu erfunden werden: «Wo möglich, soll das bestehende Recht angewendet werden.» Als Gerichtsstand könnte der Ort der realen Beschäftigung oder der Standort der Plattformbetreiber oder ihrer Server gelten. Auch die heutigen Datenschutzbestimmungen seien gute Instrumente. Wo das bestehende Recht nicht ausreiche, brauche es weiterführende Gesetze.

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