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Wer zahlt die Löhne der
Staatsangestellten?
Wirtschaftspolitische Anliegen haben es an der Urne zunehmend schwer. Um Ver-
trauen und politische Mehrheiten zu gewinnen, braucht es neben Engagement und
Leidenschaft eine solide Faktenbasis. Die Themenkampagne Finanzfakten der
Handelskammer beider Basel liefert fundiert recherchierte Argumente zur Finanz-
und Steuerpolitik.
Von Luca Urgese
Unsere Demokratie ist etwas Einzigartiges: Bürgerinnen und breitet werden. Die Hemmschwelle ist, verstärkt durch
Bürger können viermal im Jahr zu den verschiedensten Algorithmen sozialer Medien, die besonders umstrittene
Aspekten des Lebens ihre Meinung an der Abstimmungs- Aussagen begünstigen, deutlich gesunken.
urne zum Ausdruck bringen und so darüber mitentschei-
den, in welche Richtung sich Land, Kanton und Gemeinde Diese Entwicklungen verstärken einander und ändern
weiterentwickeln. unsere Wahrnehmung von Politik. Aus demokratischer
Debatte wird Streit. Es bilden sich politische «Bubbles».
Solche Urnengänge waren, je nach Gegenstand der Diese entfernen sich immer weiter voneinander. Die ge-
Abstimmung, schon immer hart umkämpft und wurden meinsame Faktengrundlage politischer Debatten erodiert.
auch emotional geführt. Im Buch «Heute Abstimmung!»
haben die Autoren David Hesse und Philipp Loser beispiel-
haft 30 Abstimmungen aufgelistet, die für die Geschichte «Es bilden sich
der Schweiz besonders prägend waren und um die teil-
weise mit ziemlich harten Bandagen gestritten wurde. politische «Bubbles».»
Gemeinsame Faktengrundlage erodiert
So wie die Gesellschaft, haben sich natürlich auch Ab-
stimmungskämpfe über die Jahre verändert. Drei Ent- Weniger Vertrauen in wirtschaftspolitische
wicklungen möchte ich an dieser Stelle hervorheben: Anliegen erkennbar
Unter diesen Entwicklungen hat auch die Wirtschaft gelit-
Internationalisierung: Der Medienkonsum hat sich, ten. Die laufend geschürte Empörung hat zu einem Ver-
beeinflusst durch die sozialen Medien, internationali- trauensverlust geführt. Der grundsätzliche Goodwill ge-
siert. Unsere Wahrnehmung von politischen Diskussionen genüber wirtschaftspolitischen Anliegen, verbunden mit
ist stärker als früher geprägt von immer hemmungslo- der Überzeugung, dass eine erfolgreiche Wirtschaft uns
ser geführten amerikanischen Wahlkämpfen oder deut- allen nützt, ist erschüttert.
schem Koalitionsdauerstreit – in Echtzeit.
Wie sollen wir diesen Entwicklungen entgegentreten?
Dauerkampagnen: Die zyklischen Abstimmungskämp- Um politische Mehrheiten für wirtschaftspolitische Anlie-
fe sind längst politischen Dauerkampagnen gewichen. gen zu gewinnen, braucht es aus meiner Sicht drei Dinge:
Gerade die Polparteien haben diese professionalisiert Engagement, Leidenschaft und eine solide Faktenbasis.
und bespielen dauerempört laufend ihre wirtschaftskriti-
schen Narrative. Das persönliche Engagement all derjenigen, denen das
wirtschaftliche Erfolgsmodell Schweiz am Herzen liegt,
Alternative Fakten: Früher war nicht alles besser. ist unabdingbar und kann nicht delegiert werden. Wer die
Schon immer wurde darüber gestritten, was wahr und was liberale Marktwirtschaft verteidigen will, muss sich mit
unwahr ist. Neu ist, auch hier amerikanisch geprägt, die Leidenschaft in die politische Debatte stürzen, um die
Unverfrorenheit, mit der heutzutage Unwahrheiten ver- Menschen zu überzeugen.
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