Die ICT in unserer Region stärken

06.06.2023

Ein Gespräch mit Christof Klöpper, CEO Basel Area und Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel, zur Bedeutung der ICT am Wirtschaftsstandort Basel.

Die Region Basel ist ein starker Life Sciences- und Logistik-Standort. Wie sieht es mit der ICT-Branche aus?

Martin Dätwyler: Es ist leider wenig bekannt, dass in der Region Basel bereits über 2'000 ICT-Anbieter tätig sind und rund 15'500 Beschäftigte im Berufsfeld ICT arbeiten. Diese Zahl stieg in den letzten zehn Jahren an, liegt aber weiterhin hinter Zürich oder Bern. Was in der Region Basel fehlt, ist ein funktionierendes ICT-Ökosystem, so wie wir es zum Beispiel bei den Life Sciences haben.

Christof Klöpper: Die ICT-Branche in der Region Basel hat sich dynamisch entwickelt und spielt eine immer wichtigere Rolle. Denn sie ergänzt die etablierten Branchen wie Life Sciences und Logistik nicht nur, sie ist längst ein Teil davon. Ich kenne keine Branche, die ohne ICT-Fachkräfte auskommt. Deshalb ist die Weiterentwicklung der ICT-Branche ein wichtiger Baustein für den Erfolg unserer Region. Wo ICT in anderen Bereichen angewandt wird, hat die Basel Area ihre Stärken. Aber wir haben hier nur wenige ICT-Firmen, die auf Konsumentinnen und Konsumenten ausgerichtet sind. Da sehe ich in anderen Regionen eine schwungvollere Entwicklung.

Weshalb sind die ICT so wichtig für unsere Region?

Dätwyler: Die ICT ist eine Branche, deren Querschnittstechnologie für die Wettbewerbsfähigkeit anderer Branchen entscheidend ist. Bei den Life Sciences geht es darum, Gesundheitsdaten zu digitalisieren und diese nicht nur für die Gesundheitsversorgung, sondern auch für die Forschung nutzbar zu machen. Die Logistikunternehmen machen bei der Automatisierung mit digitalen Technologien an forterster Front mit und mit unserer Bank oder Versicherung kommunizieren wir zunehmend über Chatbots oder Apps. Wir sind überzeugt, dass ICT-Kompetenzen gepaart mit dem hiesigen Industrie-Know-how das Erfolgsrezept für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort wie die Region Basel ist.

Klöpper: Ohne ICT läuft nichts. Die ICT-Branche ist nicht nur wichtig für die allgemeine digitale Transformation, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle in Schlüsselbranchen wie Life Sciences und Produktion: Die digitale Gesundheit ist ein aufstrebender Bereich, der enormes Potenzial für die Region Basel birgt. Innovative ICT-Lösungen können die Gesundheitsversorgung verbessern. In der Medikamentenentwicklung unterstützen Big Data-Analysen die Identifizierung möglicher Medikamente. In Produktionsbetrieben helfen Sensoren und Virtual Reality dabei, die Auslastung und den Zustand von Maschinen zu überwachen.

Was läuft in Sachen ICT in unserer Region?

Klöpper: Wir verfolgen viele spannende ICT-Projekte und Initiativen. Zu nennen ist beispielsweise Quantum Basel, der erste kommerziell nutzbare Quantencomputer-Hub der Schweiz. Zudem haben renommierte Unternehmen wie Adobe, Magnolia und Swiss Aviation Software hier ihren Sitz, und mit Genedata ist ein IT-Pionier in der Forschung und Entwicklung von Medikamenten in Basel ansässig. Bei Basel Area Business & Innovation engagieren wir uns für die Digitalisierung von Produktionsbetrieben, beispielsweise im Rahmen der i4Challenge. Wir haben in den letzten Jahren viel Know-how und ein starkes trinationales Netzwerk im Bereich Künstliche Intelligenz aufgebaut. Solche Initiativen helfen dabei, Unternehmen zu verstehen, die Digitalisierungsprojekte umsetzen wollen und sie mit passenden Forschungseinrichtungen und Startups zusammenzubringen. Mit dem DayOne Accelerator fördern wir Innovationen in der digitalen Gesundheit. Auch auf kantonaler Ebene tut sich einiges. Die Plattformen be-digital basel der Handelskammer beider Basel und Basel Tech etwa wollen das ICT-Ökosystem in der Region sichtbarer machen und der Kanton Basel-Stadt rückt das Thema Cybersecurity in den Fokus. Das sind ermutigende Zeichen.

Dätwyler: Hinsichtlich nachhaltiger Nachwuchsförderung möchte ich den ICT Campus Handelskammer beider Basel nennen, wo jeden zweiten Samstagmorgen rund 200 Jugendliche programmieren, codieren, Games entwickeln oder Roboter bauen. Ziel ist es, das ICT-Talentpotenzial in unserer Region auszuschöpfen und die Attraktivität der dualen ICT-Berufsbildung insgesamt zu steigern.

Was kann unsere Region tun, um mehr ICT-Unternehmen anzusiedeln und hier zu halten?

Klöpper: Als Standortpromotion der Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Jura kümmern wir uns darum, internationale Unternehmen für die Region zu begeistern und sie hier anzusiedeln. Denn sowohl Startups als auch internationale Unternehmen tragen dazu bei, dass die Region als ein attraktiver Standort wahrgenommen wird. Wir ziehen zwar ICT-Unternehmen an, aber in erster Linie sind die Firmen an der Schnittstelle aktiv: Im Bereich digitale Gesundheit hat die Region einen guten Ruf. Im Bereich ICT ist es schwieriger. Hier fehlen uns Leuchttürme, seien es Firmen oder Hochschulen. Renommierte Player sind wichtig, um andere Firmen anzuziehen und ein Ökosystem aufzubauen. Deswegen wäre es wichtig, dass ICT-Forschungsinstitute hergeholt werden und hier neue Ideen und Spin-offs entwickeln, die zu Wachstum führen. Bei den ansässigen Hochschulen könnte man die angewandte Forschung stärken und ICT-Technologien in Produktion, Life Sciences oder Logistik einsetzen.

Dätwyler: Die Region Basel hat als eines der wirtschaftlich stärksten Gebiete in der Schweiz eine hohe Nachfrage nach gut ausgebildeten ICT-Fachkräften. Der ICT-Fachkräftemangel in den beiden Basel kann sowohl kurzfristig als auch langfristig negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Kurzfristig kann es dazu führen, dass Unternehmen Schwierigkeiten haben, Projekte rechtzeitig und innerhalb des Budgets abzuschliessen, was zu Verzögerungen und Kostensteigerungen führen kann. Es kann auch zu einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums führen, da Unternehmen ihre Kapazitäten nicht auslasten können. Um den negativen Auswirkungen des ICT-Fachkräftemangels entgegenzuwirken, müssen Unternehmen, Kantone und Bildungsinstitutionen Massnahmen ergreifen, die die Attraktivität der Region für Fachkräfte erhöht. Wir müssen hier qualifizierte Arbeitskräfte ausbilden und halten. Wie, dies diskutieren wir an unserem runden Tisch mit Vertretenden von Unternehmen, der beruflichen Grundbildung, von höheren Berufsschulen und Hochschulen.

Was wünschen Sie sich für die ICT-Zukunft in Basel?

Klöpper: Ich wünsche mir ein Ausbildungs- und Forschungsinstitut für ICT in der Region Basel. Zusammen mit gezielter Wirtschaftsförderung für diesen Bereich wäre das ein wichtiges Zeichen für die ICT-Branche und würde mehr Schwung in die Entwicklung bringen. Eine starke ICT-Branche kann die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Region weiter stärken.

Dätwyler: Ich wünsche mir eine starke ICT-Branche mit deutlich mehr ICT-Arbeitsplätzen hier in unserer Region. Wir müssen mehr Forschungs- und Entwicklungsprojekte und ICT-Startups hervorbringen und in der Berufsbildung und an Hochschulen mehr ICT-Fachkräfte ausbilden. Dazu braucht es gemeinsame Anstrengungen von Politik, Verwaltung, Bildungsinstitutionen und der Wirtschaft. Und wir müssen die Branche besser vernetzen, sie stärken und ihr mehr Sichtbarkeit verleihen. Genau dies streben wir mit unserer Initiative «be-digital basel» an.

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