Stellungnahme zur Gesetzesänderung über die Nutzung und Schutz des Grundwassers

16.09.2020

Mit der vorliegenden Gesetzesänderung soll die langfristige Wasserversorgung optimiert werden. Aus Sicht der Handelskammer nimmt die Vorlage das Kernziel der unglücklich formulierten und daher nicht umsetzbaren Motion auf. Ausgehend von zahlreichen Fragen und unklaren Konsequenzen lehnt die Handelskammer die vorgeschlagene Gesetzesänderung dennoch ab. So könnte die Vorlage beispielsweise unverhältnismässige Kosten verursachen und die Planungs- und Investitionssicherheit gefährden.

Als Reaktion auf die Motion 2017/179 «Trinkwasser-Quellen müssen wirksam geschützt werden!» hat der Regierungsrat vorliegende Gesetzesänderung ausgearbeitet. Die Motion hat zum Ziel, durch den Schutz aller Quellen im Kantonsgebiet die bestehenden Wasserreserven langfristig zu sichern und neue Redundanzen zu schaffen. Im Kanton Basel-Landschaft existieren gemäss kantonalem Kataster 1'931 gefasste Quellen. Davon sind 1'291 in privatem und 640 in öffentlichem Eigentum. Die Mehrheit dieser 1'931 Quellen ist jedoch veraltet und ausser Betrieb. Für die Trinkwasserversorgung werden heute lediglich 55 private und 196 öffentliche Quellen gebraucht.

Konzeption

Entgegen den Forderungen der Motion beschränkt sich der Regierungsrat in seinem Gesetzesentwurf auf den Schutz der im öffentlichen Interesse liegenden Grundwasserfassungen (inkl. Quellen) und Grundwasseranreicherungsanlagen. Zum langfristigen Schutz dieser Wasserreserven sollen die dazugehörigen Grundwasserschutzzonen periodisch überprüft und falls nötig den aktuellen hydrologischen Gegebenheiten angepasst werden. Die Gemeinden halten diese Schutzzonen in ihren Zonenplänen eigentümerverbindlich fest. Sollten die Kommunen ihren Pflichten nicht Folge leisten, behält sich der Kanton das Recht vor, die Aufgaben zu übernehmen und den Gemeinden zu verrechnen. Nutzungseinschränkungen infolge sich verändernder Schutzzonen müssen gemäss der Vorlage vom Inhaber der Grundwasserfassung entschädigt werden.

Forderungen

Die Handelskammer beider Basel ist sich der Relevanz einer zuverlässigen Wasserversorgung bewusst. Nach ihrer Auffassung beschränkt sich die vorliegende Vorlage auf die für die Trinkwassergewinnung relevanten Grundwasserfassungen. Die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigem Trinkwasser ist ein bedeutender Standortfaktor und muss sichergestellt werden. Durch den besseren Schutz der bedeutsamen Wasservorkommen wird nicht zuletzt auch die Trinkwasseraufbereitung vereinfacht. Den Schutz aller 1'931 gefassten Quellen, wie er in der Motion 2017/179 gefordert wird, lehnt die Handelskammer jedoch ab. Die dadurch verursachten teuren Entschädigungszahlungen sowie der Unterhalt vieler kleiner Wasserfassungen würden zu einer sehr kostspieligen, jedoch keineswegs sichereren Wasserversorgung führen. Ausgehend von zahlreichen Fragen lehnt die Handelskammer beider Basel die Vorlage ab und bittet um verbindliche Antworten zu den untenstehenden Fragen. Diese werden aus Sicht des Wirtschaftsverbands im Bericht zur Vorlage zu wenig beleuchtet.

1) Auf Grund welcher wissenschaftlich belastbaren Kriterien werden die im öffentlichen Interesse liegenden Grundwasserfassungen (inkl. Quellen) und Grundwasseranreicherungsanlagen definiert?
2) In welcher Grössenordnung bewegen sich die erwarteten Veränderungen der Grundwasserschutzzonen?
3) Gemäss § 29 haben die Gemeinden die Pflicht, ihre Grundwasserschutzzonen periodisch zu überprüfen. Inwiefern kann sichergestellt werden, dass diese periodischen Prüfungen die Planungs- und Investitionssicherheit nicht gefährden?
4) Wie hoch fallen die erwarteten Entschädigungszahlungen nach § 29a aus?
5) Zumindest heute scheint es wenig realistisch, dass Wasserverbünde und andere Inhaber von Wasserfassungen grössere Entschädigungssummen stemmen können. Was passiert, wenn der Inhaber der Grundwasserfassung diese Entschädigung nicht entrichten kann?
6) Welche Einschränkungen für Gewerbe und Industrie könnten sich durch eine Ausweitung der Grundwasserschutzzonen ergeben?
7) Wie werden die in Frage 6 befragten Einschränkungen für Gewerbe und Industrie entschädigt?
8) Könnten durch die Ausweitung der Grundwasserschutzzonen ortsgebundene Infrastrukturen, z.B. Verkehrsinfrastrukturen, von Nutzungseinschränkungen betroffen sein?

Sollten sich entgegen den Erwartungen ungerechtfertigte Benachteiligungen für Unternehmen und ortsgebundene Infrastrukturen abzeichnen, behält sich die Handelskammer beider Basel neue Optimierungsvorschläge vor. Eine abschliessende Beurteilung dieser Vorlage ist ohne verbindliche Abklärung der oben genannten Fragen nicht möglich. Bereits heute ist der Schutz gewisser Grundwasserschutzzonen eine grosse Herausforderung. Ein umfangreicher Schutz vieler kleiner Wasserreserven ist daher nicht zielführend. In der Wasserstrategie des Kantons Basel-Landschaft vom 25. Mai 2012 sind neun strategische Leitsätze festgehalten. Diese sind eng miteinander verbunden. Eine Sicherung der Rohwasserressourcen kann nach unserer Einschätzung erst dann nachhaltig und effektiv erfolgen, wenn die Professionalisierung der Wasserversorgung konkretisiert ist. Dies betrifft insbesondere die Umsetzung eines generellen Wasserversorgungsprojekt GWP der Gemeinden mit Fokus Regionalisierung und Verbundleitungen. Es ist entscheidend, dass die Ergebnisse aus diesem Projekt in die Festsetzung der im öffentlichen Interesse liegenden Grundwasserfassungen (inkl. Quellen) und Grundwasseranreicherungsanlagen miteinfliessen.

 

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