Massnahmenpaket zur Förderung des Baustoffkreislaufs Regio Basel

15.02.2021

Als Handelskammer beider Basel begrüssen wir die Förderung des regionalen Baustoffkreislaufs. Die ressourcensparende Wiederverwendung schafft neue Arbeitsplätze und entlastet die knappen Kapazitäten der Deponien. Gleichwohl sehen wir im vorliegenden Paket noch erhebliches Verbesserungspotenzial. Dies betrifft namentlich die Ausgestaltung der Lenkungsabgabe.

Mit dem vorliegenden Massnahmenpaket soll der Baustoffkreislauf in der Region Basel nachhaltig gestärkt werden. Ausgehend vom günstigen Deponieraum und preiswerten Primärrohstoffen aus dem angrenzenden Ausland, hinkt die Region Basel bei der Wiederverwertung von Baustoffen anderen Kantonen hinterher. Gemäss den Vernehmlassungsunterlagen werden im Kanton Basel-Landschaft jährlich rund 1 Million Tonnen Bauabfälle auf Deponien angehäuft. Dies macht Bauabfälle zum weitaus bedeutendsten Abfallstrom. Diese grossen Abfallmengen gefährden die langfristige Verfügbarkeit von geeignetem Deponieraum. Zumal die raumplanerische Festsetzung neuer Deponien äusserst anspruchsvoll ist. Ausgehend von der langanhaltenden Zusammenarbeit im Abfallmanagement der beiden Basel, werden im Kanton Basel-Landschaft auch ausserkantonale Bauabfälle aus der Stadt Basel deponiert. Weitere Abfallquellen sind auch auf die Kantone Aargau und Solothurn zurückzuführen.

Die Handelskammer hat sich bereits des Öfteren für eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft in der Bauindustrie stark gemacht und entsprechende Vorstösse in den Kantonsparlamenten unterstützt. Wir sehen darin eine Chance zur Steigerung der regionalen Wertschöpfung und zur Entlastung der Deponien. Daher begrüssen wir die vorgeschlagene Stossrichtung der vorliegenden Landratsvorlage weitestgehend. Bei den konkreten Gesetzesanpassungen sowie den dazugehörenden Festsetzungen sehen wir allerdings noch erheblichen Verbesserungsbedarf.

Konzeption
  • Gemäss Regierungsrat sollen die Rahmenbedingungen zur Etablierung eines nachhaltigen Baustoffkreislaufs durch vier zentrale Massnahmen geschaffen werden. Diese sind:
  • Einführung einer generellen Rückbaubewilligung im Kanton (Schaffung rechtlicher Grundlagen)
  • Einführung einer Lenkungsabgabe auf Abfälle (Deponietyp A und B)
  • Selbstverpflichtung (inkl. Monitoring) des Kantons zum Einsatz von Recycling-Baustoffen
  • Aufbau einer Fachstelle Baustoffkreislauf

Weiter wird in den Unterlagen betont, dass die raumplanerische Sicherung neuer Deponiestandorte (Typ A und B) wichtig bleibt. Denn auch in einer Kreislaufwirtschaft werden nicht wiederverwertbare Abfälle anfallen. Deren Entsorgung muss daher langfristig sichergestellt werden können.

Forderungen

Rückbaubewilligungen haben sich in der Schweiz mittlerweile beinahe flächendeckend durchgesetzt. Im Kanton Basel-Landschaft kennt man dieses Instrument hingegen nur in den Kernzonen. Die Ausweitung dieser Bewilligungspflicht auf alle Zonen soll den Vollzug von Art. 16 der eidgenössischen Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) nun auch im Kanton Basel-Landschaft flächendeckend ermöglichen. Die Tatsache, dass man ausserhalb der Kernzone auf eine Auflage und Publikationspflicht verzichtet, ist im Sinne schneller Verfahren und daher zu begrüssen. Es gilt sicherzustellen, dass der administrative Mehraufwand der neuen Regelung klein gehalten wird.

Lenkungsabgaben verfolgen das Ziel der Verhaltenssteuerung durch Anreize. Die korrekte Anwendung dieses Systems ist daher zentral. Die angedachte Rückvergütung über die Abwassergebühren der Unternehmen und der Einwohner des Kantons Basel-Landschaft erachten wir aus zwei Gründen als falsch: Erstens werden dadurch zwei unabhängige Systeme miteinander verknüpft. Das Ziel einer Internalisierung der Deponiekosten wird durch die Subventionierung der Abwasserreinigung gestört und schafft neue Fehlanreize, durch eine indirekte Verbilligung von Abwasser. Obschon politisch opportun, ist die Quersubventionierung der steigenden Abwassergebühren, welche durch anstehende Investitionen unumgänglich wird, unangebracht und kontraproduktiv. Zweitens empfinden wir die ausbleibenden Rückvergütungen, insbesondere zugunsten des Kantons Basel-Stadt, als störend. Sie stellen nicht nur das Konzept und die Funktionsweise einer Lenkungsabgabe, sondern auch das Verständnis einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit in Frage. Daher fordern wir die Behörden auf, die Umsetzung der Lenkungsabgabe von Grund auf neu zu konzipieren. Der Grundsatz, dass derjenige, der weniger Bauabfälle verursacht als der Durchschnitt, profitiert, und derjenige, der mehr verursacht unter dem Strich belastet wird, muss gewährleistet sein. Dies muss kantonsübergreifend geschehen1. Ausserdem muss die Abgabe fiskalneutral ausgestaltet sein. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Lenkungsabgabe unverzerrt zurückvergütet wird und der regionale Partnerschaftsgedanke aufrechterhalten bleibt.

Selbstverpflichtungsmassnahmen begrüssen wir sehr. Zahlreiche Leuchtturmprojekte (z.B. FHNW Campus in Muttenz oder der Roche-Campus Basel) verdeutlichen das Potenzial der Recyclingbaustoffe selbst im Hochbau. Die Tatsache, dass die öffentliche Hand zu den grössten Abfallproduzenten zählt verstärkt die Bedeutung dieser Selbstverpflichtung. Um den Versprechungen auch Taten folgen zu lassen, ist es wichtig, dass die bestehenden Richtlinien an Baustoffe auf ihre Kreislauffähigkeit geprüft werden. Mit der revidierten Richtlinie für die Lieferung, den Einbau und die Verwertung von Materialien für den Tiefbau haben die beiden Basel hierfür einen ersten wichtigen Schritt unternommen.

Der Aufbau der Fachstelle Baustoffkreislauf ist zur Bewältigung der neu anfallenden Aufgaben wie etwa der Prüfung der Rückbaugesuche, der Durchführung von Baustellenkontrollen sowie des Monitorings des Erfolgs der kantonalen Selbstverpflichtung notwendig. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass sich die Vollzugsaktivitäten der Fachstelle auf die Ausführungen in den Vernehmlassungsunterlagen beschränken. Die beantragten drei Vollzeitstellen erachten wir als grosszügig aber angesichts des dringenden Handlungsdrucks als akzeptabel. Einen weiteren Ausbau dieser Fachstelle über die drei Vollzeitstellen hinaus lehnen wir ab.

Weiter fordern wir die räumliche Sicherstellung geeigneter Aufbereitungsstandorte. Wie in den Vernehmlassungsunterlagen erwähnt, sind diese optimalerweise möglichst nahe beim Ort der Wiederverwendung angesiedelt. Dadurch können längere Transportwege vermieden werden. Erfahrungen zeigen, dass wertschöpfungstiefe Arealnutzungen unpopulär sind. Gemäss Kantonalem Richtplan sollen auf Arbeitsgebieten Mindestdichten an Arbeitsplätzen pro Hektar erreicht werden. Dies erschwert die Festsetzung geeigneter Aufbereitungsplätze weiter. Als effizienteste Lösung mit den geringsten Transportwegen gilt es die Aufbereitung des Recyclingmaterials vor Ort zu fördern. Sie ist insbesondere bei grösseren Bauvorhaben sinnvoll. Jedoch können die erhöhten Lärmemissionen, insbesondere im dicht besiedelten Siedlungsraum, zur Herausforderung werden. Wir erachten es als sinnvoll, dass neben grösseren zentralen Aufbereitungsanlagen auch mobile Anlagen auf den Baustellen eingesetzt werden können. Entsprechende Förderungsmassnahmen gilt es zu prüfen.

 

Die Abgabensumme könnte z.B. proportional zum Deponievolumenanfall auf die beiden Kantone geteilt werden. Bei der Rückverteilung sollte aus Konsistenz- und Effizienzgründen auf bestehende Systeme der Kantone zurückgegriffen werden.

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