Mehr Transparenz in der Politikfinanzierung

31.03.2022

Die Handelskammer beider Basel unterstützt Transparenz, wo diese dazu dient, Informationen offenzulegen, die für den Informationsempfänger von Relevanz sind. Die Teilrevision «Transparenz in der Politikfinanzierung» riskiert das politische Milizsystem der Schweiz zu beeinträchtigen. Umso wichtiger ist deshalb, dass neue Regeln auf Bundesebene und in den Kantonen einheitlich ausgestaltet werden.

Ausgangslage

Am 10. Oktober 2017 hat ein Komitee eine Volksinitiative mit dem Titel „Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung" eingereicht. Die Staatspolitische Kommission des Ständerates hat der Initiative einen indirekten Gegenentwurf gegenübergestellt. National- und Ständerat haben diesen Gegenentwurf angenommen. Somit haben die Initianten ihre Volksinitiative zurückgezogen und das Gesetz wird voraussichtlich am 23. Oktober 2022 in Kraft treten. Am 17. Dezember 2021 hat der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren zur Verordnung eröffnet.

Anliegen

Grundsätzliche Überlegungen

Als Wirtschaftsverband ist der Handelskammer beider Basel Transparenz wichtig. Transparenz ist jedoch kein Selbstzweck. Sie dient dazu, Informationen offenzulegen, die für den Informationsempfänger relevant sind. Sie darf dabei aber nicht zur Scheintransparenz verkommen. So wird den Wahl- und Stimmberechtigten beispielsweise ein falsches Bild vermittelt, wenn nur ein Teil der Informationen über Politikfinanzierung offengelegt wird. Zudem weist das Vorhaben erhebliche Risiken für das politische Milizsystem der Schweiz auf. Die Handelskammer bittet deswegen genau zu prüfen, wie eine Offenlegung realisiert werden kann, ohne das Milizsystems zu beeinträchtigen. Konkret bedeutet dies, dass die Offenlegungspflichten möglichst einfach zu realisieren sein müssen und die Betragsschwelle in Zukunft nicht nach unten angepasst wird. Müssten Kleinspenden ebenfalls offengelegt werden, wäre die Bürokratie für eine Milizorganisation, wie es die meisten Parteien mehrheitlich sind, nicht stemmbar.

Schaden für das Milizsystem

Das politische System der Schweiz baut wesentlich auf dem Milizprinzip auf. Die vorgesehene Regelung würde zwangsläufig einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand verursachen und setzt damit einen Fehlanreiz. Weiterhin werden reine «Milizarbeiten» als Zuwendung gesehen, wenn diese «üblicherweise kommerziell» erbracht werden. Somit werden die bestraft, welche ihr Können freiwillig zur Verfügung stellen. Dies steht grundsätzlich im Widerspruch zu unserem Milizsystem, welches auf das nebenberufliche Engagement seiner Bürger aufgebaut ist.

Unvollständige Abbildung der politischen Realität

Beschränken sich die Transparenzregelungen auf Einnahmen und Zuwendungen, wird ein wesentlicher Teil der Politikfinanzierung ausser Acht gelassen. So plädieren Wirtschaftsverbände immer wieder dafür, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden die notwendigen Freiräume zur Verfügung stellen, um ein politisches Amt auszuüben. Und gerade Interessenverbände und Gewerkschaften stellen ihren Mitarbeitenden häufig Zeit und Infrastruktur für ein politisches Amt zur Verfügung. Nimmt man Transparenz ernst und will man verhindern, dass ein falsches Bild der Politikfinanzierung vermittelt wird, müssten auch diese Leistungen erfasst und offengelegt werden. Dies würde es für Arbeitgeber jedoch deutlich unattraktiver machen, ihren Mitarbeitenden Zeit oder Infrastruktur für ihr politisches Engagement bereitzustellen. Es ist offensichtlich, dass es zu enormen Abgrenzungsproblemen kommen würde. Im Ergebnis sinkt die Bereitschaft von Arbeitgebern, eine Miliztätigkeit ihrer Mitarbeitenden zu dulden oder gar zu fördern. Damit entsteht entweder ein falsches Abbild der Politikfinanzierung oder das politische Milizsystem wird beträchtlich eingeschränkt.

Umsetzung

Die gesetzliche Regelung muss klar und deutlich umsetzbar sein, ohne enormer Mehraufwand zu generieren. Ein grosser Ermessensspielraum ist nicht wünschenswert, da dieser zu Graubereichen führt, was wiederum das Vertrauen in die Angaben der Betroffenen untergräbt. Immer mehr Kantone diskutieren Gesetze betreffend der Parteifinanzierung. In Basel-Stadt wurde die Motion «Offenlegung der Finanzierung von Parteien und Wahl- und Abstimmungskomitees» als Anzug (Postulat) überwiesen. Aufgrund dessen ist der Handelskammer wichtig, eine einheitliche nationale Regelung zu finden, damit kein Flickenteppich von kantonal unterschiedlichen Gesetzen entsteht.

Zum Verordnungsentwurf

Zusätzlich zur grundlegenden Kritik weist der vorliegende Verordnungsentwurf erhebliche Schwächen auf:

1. Begriff der „gemeinsamen Kampagne"

Der Begriff der „gemeinsamen Kampagne" nach Art. 76c Abs. 4 E-BPR stellt eine Regelung dar, die in der Praxis kaum handhabbar ist. Beispielhaft sei eine Nationalratskampagne angeführt, wo eine Kantonalpartei eine Gesamtkampagne führt, bei der auch ein einzelner Kandidat beworben wird. Auch die Bezirks- oder Ortspartei des Kandidaten engagiert sich im Wahlkampf für ihn. Gleichzeitig führt dieser Kandidat eine persönliche Wahlkampagne. Dieser Wahlkampf über drei Ebenen kann kaum als „gemeinsame Kampagne" verstanden werden, zumal diese nicht immer aufeinander abgestimmt sind. Auch ist es praktisch unmöglich, genau abzugrenzen, welcher Betrag der Parteikampagne zugunsten eines einzelnen Kandidaten eingesetzt wurde.

2. Fristen der Offenlegungspflicht

Art. 76d Abs. 1 lit. b E-BPR sieht vor, dass nebst einer Schlussrechnung 60 Tage nach den Wahlen auch ein Budget 45 Tage vor den Wahlen vorzulegen ist. Auch diese Regelung zeigt den Konflikt zwischen den vorgesehenen Transparenzregeln und dem schweizerischen Milizsystem auf. So muss eine Milizorganisation dadurch innerhalb von etwas über 100 Tagen den Behörden zwei verschiedene Berechnungen vorlegen. Und dies erst noch in einer Phase kurz vor einer Wahl oder Abstimmung, wo die zeitliche Belastung ohnehin schon am höchsten ist. Auch die vorgesehene Frist von 60 Tagen nach den Wahlen wäre zu kurz. Bei eidgenössischen Gesamterneuerungswahlen kommt es regelmässig zu zweiten Wahlgängen für den Ständerat. Es ist nicht angebracht, den betroffenen Parteien in dieser intensiven Zeit noch eine zusätzliche administrative Belastung aufzuerlegen.

Fazit und Forderung

Die Handelskammer unterstützt Transparenz, welche zur politischen Meinungsbildung der Öffentlichkeit beiträgt. Fraglich ist, ob alle Massnahmen ihren Aufwand rechtfertigen. Somit müssen öffentliche und private Interessen miteinander abgewogen werden. Ein weiteres grosses Anliegen ist die einheitliche Regelung von kantonalen und nationalen Gesetzen, damit die administrative Belastung tragbar ist. Aus dem gleichen Grund müssen die Regelungen verständlich formuliert sein und einfach auszuführen.

Stellungnahme zur Verordnung Mehr Transparenz in der Politikfinanzierung

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