Geringere Mehrwertabgabe könnte Verdichtung fördern

15.03.2022

Die beengten Platzverhältnisse in der Stadt Basel bedingen eine kluge Innenentwicklung. Eine solche wird jedoch von der rekordhohen Mehrwertabgabe des Kantons Basel-Stadt zunehmend gehemmt. Wir fordern deshalb eine sinnvolle Ausgestaltung dieser Abgabe. Insbesondere müssen projektspezifische Schwierigkeiten oder wertmindernde Aspekte bei der Festsetzung der Mehrwertabgabe berücksichtigt werden.

Die Anzahl der in der Schweiz abgerissenen Wohnungen hat sich in den vergangenen 20 Jahren von weniger als 2'000 auf über 4'000 Wohnungen pro Jahr verdoppelt. Aufgrund eines Urteils des Bundesgerichts vom Dezember 2020 dürfen Gemeinden auch dann eine Mehrwertabgabe auf Um- und Aufzonungen erheben, wenn der Kanton dies gar nicht vorsieht. Also etwa bei der Überführung einer Bauzone in eine andere Zonenart oder bei der Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten in einer Wohnzone. Mit der Mehrwertabgabe soll ein Teil des Mehrwerts, den ein Grundstück durch eine Planungsmassnahme und ohne Zutun des Grundstückeigentümers erfährt – wie beispielsweise bei einer Aufzonung – abgeschöpft werden.

Basel hat schweizweit höchste Mehrwertabgabe

Im Kanton Basel-Stadt quillt nach dem Bundesgerichtsurteil der Geldtopf aus der Mehrwertabgabe über. Denn in Basel gilt auf kantonaler Ebene die schweizweit höchste Mehrwertabgabe von 40 Prozent, auch bei Aufzonungen. Der Kanton Basel-Stadt hat dank der Mehrwertabgabe seit den 2'000er-Jahren im Durchschnitt rund acht Millionen Franken pro Jahr eingenommen. Nicht berücksichtigt ist dabei der Wert von Realersatzleistungen. Mehrkosten, welche im gesellschaftlichen Interesse liegen, können im Einzelfall plötzlich nicht mehr gedeckt werden.

Ungewisser Ausgang beim Bauen im Bestand

Arealentwicklungen verändern den Charakter eines Quartiers und werten die Umgebung in der Regel auf. Raumentwicklung konzentriert sich immer stärker auf das bereits bestehende Siedlungs- und Baugebiet. Genau hier kann eine zu starke Mehrwertabschöpfung zum hemmenden Faktor für die Innenentwicklung werden. Denn Bauen im Bestand ist komplex und meist teuer. Hohe Ansprüche an die Gestaltung, diverse Schutzanforderungen, beengte Verhältnisse am Bauplatz oder anspruchsvollere Abläufe während der Bauphase verursachen Zusatzkosten. Dazu müssen zahlreiche öffentliche Interessen mitbedacht werden wie die Realisation von Kindertagesstätten, Alterswohnungen mit öffentlichem Parks, preisgünstiger Wohnraum oder öffentliche Abstellplätze für Velos. Grossprojekte im Siedlungsgebiet werden dadurch oftmals zu ressourcenintensiven Marathonläufen mit ungewissem Ausgang. Das Risiko eines Scheiterns ist gross. Denn Zonenplanänderungen werden regelmässig an der Urne verworfen – trotz sorgfältigster Abklärungen und dem Einsatz von partizipativen Verfahren.

Komplexität erfordert Partnerschaft

Die aktuelle Beurteilung, dass Mehrwerte direkt vom Nutzungsmass abhängen, entspricht nicht ansatzweise den realen Verhältnissen. Wir haben im parlamentarischen Prozess bereits bei der 2020 durchgeführten Revision der planungsbedingten Mehrwertabgabe auf diese Probleme hingewiesen. Ausserdem fordern wir, dass projektspezifische Schwierigkeiten oder wertmindernde Aspekte bei der Festsetzung der Mehrwertabgabe berücksichtigt werden (siehe Box). Werden solche Kosten ungenügend angerechnet, kann sich die Fortführung von Bestandsbauten und Altliegenschaften als wirtschaftlicher erweisen.

Plattform Mehrwertabgabe (Wüest Partner)

Vergleich der Kantone Espace Suisse  

Eine Unterscheidung zwischen den am Mehrwert abzugsfähigen Kosten (z.B. planungsrechtliche und qualitätssichernde Leistungen) und von der Abgabe abzugsfähiger gemeinwirtschaftlicher Leistungen (z. B. Landabtretungen, Parkanlagen, Infrastrukturbauten) ist immer zu beachten. Auch die Kosten zur Wiederherstellung der Baufläche (z. B. Rückbaukosten, Entsorgung von Schadstoffen und Altlasten, aufwändige Arbeiten zur Bereinigung von Grunddienstbarkeiten etc.) sollten bei der Bestimmung des Mehrwerts aufgewogen werden.

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