Basler Lehrerinnen streikten für das Frauenstimmrecht

29.01.2021

Mehrere Generationen von Frauen, auch in den beiden Basel, kämpften für ihre demokratischen Rechte. Prof. Dr. Caroline Arni, Professorin für Allgemeine Geschichte an der Universität Basel, weiss, wieso es erst 1971 mit dem Frauenstimmrecht klappte.

Seit 50 Jahren dürfen die Schweizerinnen abstimmen. Wieso sie im internationalen Vergleich erst so spät demokratische Rechte erhielten, erklärt ein Blick auf die Geschichte: «Seit der Gründung des Bundesstaats 1848 wurde in der Schweiz die Ausübung politischer Rechte ganz stark an die Männlichkeit gekoppelt», erläutert Prof. Dr. Caroline Arni, Professorin für Allgemeine Geschichte an der Universität Basel. Sie hat an einer Publikation zum Thema Frauenstimmrecht mitgearbeitet. Das Bild von «freien und gleichen Männern» sei für die Schweiz lange Zeit identitätsstiftend gewesen. Ein weiterer Faktor, der das späte Frauenstimmrecht erklärt, ist, dass es in der Schweiz im Gegensatz zu anderen Ländern keine grösseren Brüche wie Kriege oder eine neue Verfassung der politischen Ordnung gab. «In anderen Staaten wurden solche Phasen oftmals genutzt, um das Frauenstimmrecht einzuführen», so die Historikerin.

Frauenbewegung war immer aktiv

Doch die Schweizerinnen kämpften immer für ihre Rechte. Eine wichtige Figur der Frauenbewegung war Marie Goegg-Pouchoulin. 1868 gründete sie in Genf die Association internationale des femmes, die sich für die Menschenrechte und insbesondere die Gleichstellung der Frauen einsetzte. Ebenfalls in den 1860er Jahren lancierten im Baselland Frauen aus Sissach und Waldenburg Petitionen, in denen sie eine zivilrechtliche Gleichstellung und in Ansätzen auch das Stimmrecht forderten.

Auch die Basler Juristin Iris von Roten kämpfte gegen die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern. Sie veröffentlichte 1958 das Buch «Frauen im Laufgitter», das für Aufsehen sorgte. Caroline Arni erwähnt den Lehrerinnenstreik am Gymnasium Leonhard, dem ehemaligen Mädchengymnasium, im Jahr 1959. Grund für den Streik war das Nein zum Frauenstimm- und -Wahlrecht in der vorausgegangenen Eidgenössischen Volksabstimmung vom 1. Februar 1959.

Prof. Dr. Caroline Arni, Professorin für Allgemeine Geschichte an der Universität Basel, hat an einer Publikation zum Thema Frauenstimmrecht mitgearbeitet. Foto: Anna Schmid.
Frauenstimmrecht mit zwei Dritteln Ja-Stimmen angenommen

Die Schweizer Frauenbewegung erlebte gegen Ende der 1960er-Jahre einen Aufschwung, und zur alten Generation kam eine neue dazu. 1969 fand der «Marsch nach Bern» statt, an dem über 5000 Frauen und Männer für das Frauenstimm- und Wahlrecht demonstrierten. «Der Druck stieg, auch weil zahlreiche Staaten das Frauenstimmrecht bereits eingeführt hatten und die Schweiz unter Zugzwang stand», so Arni. Schlussendlich wurde das Frauenstimmrecht 1971 mit zwei Dritteln Ja-Stimmen angenommen.

«Mich interessiert die Geschichte der Frauen, weil sie immer noch am Rande behandelt wird», sagt die Historikerin. «Doch die Geschichte der ganzen Gesellschaft sieht anders aus, wenn wir die Frauengeschichte einbeziehen.»

Publikation

Denise Schmid (Hg.): Jeder Frau ihre Stimme. 50 Jahre Schweizer Frauengeschichte 1971–2021. Verlag Hier und Jetzt, Baden/Zürich 2020, mit einer Einführung von Caroline Arni.

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