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UMKEHR
rale Vorstellung, wenn man die Wünsche Bildungsmobilität nach der Lehre, ist im- Trendumkehr nicht abzeichnet, und zwei-
der Jugendlichen ‒ oder häufig eher der mer noch der beste Weg, späte Enttäuschun- tens, weil der Anteil der dualen Berufsbil-
Eltern ‒ nicht respektiere. Dieser Vorwurf gen zu vermeiden ‒ wenn man beispielswei- dung an der Sekundarstufe II nicht so weit
übersieht, dass die betriebliche Berufsbil- se nach der Wunschausbildung realisiert, verringert werden muss, bis das System
dung der einzige Teil des Bildungswesens dass der Arbeitsmarkt einen nicht braucht. kippt, wie man in unserem nördlichen
ist, der sowohl die Präferenzen der Jugend- Nachbarland exemplarisch beobachten
lichen als auch die Bedürfnisse des Ar- ZEIT ZUR UMKEHR konnte. Bevor dies bei uns der Fall ist, ist
beitsmarktes berücksichtigt. Obwohl eine starke duale Berufsbildung die Schweizer Bildungspolitik gefordert,
für die Jugendlichen, die Wirtschaft und weniger die Berufsbildung zu stärken als
REALITÄTSCHECK NOTWENDIG die Gesellschaft viele Vorteile bietet, ist vielmehr Zurückhaltung zu üben, schuli-
Bildungssysteme, in denen einzig die Präfe- der Anteil der Jugendlichen, die diesen sche Konkurrenzangebote laufend auszu-
renzen der Jugendlichen entscheidend sind, Weg einschlagen, in fast allen Kantonen bauen. •
mögen als liberal gelten, aber die Folgen rückläufig. Spitzenreiter ist der Kanton Ba-
spüren die Wirtschaft und die Gesellschaft sel-Stadt mit einem Minus von neun Pro- VON PROF. DR. STEFAN C. WOLTER, Leiter
später in Form hoher Jugendarbeitslosigkeit zentpunkten in weniger als zehn Jahren. Forschungsstelle Bildungsökonomie Universität Bern
und eines grossen «Mismatch» von angebo- Auch wenn das Minus gesamtschweize-
tenen und nachgefragten Qualifikationen. risch gesehen weniger dramatisch aus-
Ein früher Realitätscheck, verbunden mit sieht, entschärft dies die Situation aus
einer erwiesenermassen hohen Berufs- und zwei Gründen nicht: erstens, weil sich eine
BERUFSBILDUNG STÄRKEN
In Basel sind die Abschlüsse in der beruflichen Grundbildung
im Jahr 2023 erneut gesunken. Gemäss Zahlenspiegel 2022/2023
weist der Stadtkanton zudem die niedrigste Berufsmaturitäts-
quote schweizweit auf. Von den 240 ausgestellten Berufsmaturi-
täten entfallen 85 auf die Wirtschafts- und Informatikmittel-
schulen – also auf die schulisch organisierte Grundbildung.
Gleich zeitig nehmen die Abschlüsse der Fachmittel- und Fach-
maturitätsschulen zu: Mit 7,2 Prozent liegen sie deutlich über
dem Schweizer Durchschnitt von 3,7 Prozent. Der Drang nach
weiterführenden Schulen zeigt sich im Kanton Basel-Stadt
exemplarisch.
Mit «Coaching» und «Rent a Boss», «Schule@Wirtschaft» und mit
der Erlebnisschau tunBasel unter stützen wir die Schulen in bei-
den Basel schon heute dabei, die Berufsbildung als gleichwertige
und attraktive Alternative zu vermitteln.
KARIN VALLONE, Leiterin Bildung
k.vallone@hkbb.ch
twice Herbst 2023 19