Totalrevision des Datenschutzgesetzes

06.04.2017

Die Handelskammer beider Basel fordert den unbedingten Vorrang des Humanforschungsgesetzes und all seiner Verordnungen als lex specialis vor dem Datenschutzgesetz. Sie schliesst sich ausserdem den Stellungnahmen von Interpharma, economiesuisse und dem Schweizerischen Verband Creditreform an.

Das neue Datenschutzgesetz muss der Wirtschaft genügend Raum für Entwicklung lassen und darf sich in keinem Fall hemmend auf das wirtschaftliche Potenzial und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen auswirken, so der Anspruch der Handelskammer beider Basel. Kritische Bemerkungen und Anträge betreffen folgende Aspekte und Artikel:

 

Vorrang des Humanforschungsgesetzes (HFG) als lex specialis

Im erläuternden Bericht zur Revision des Datenschutzgesetzes wird auf Seite 39 verdeutlicht, dass durch die lex specialis Regel bereichsspezifische Datenschutznormen als dem Datenschutzgesetz übergeordnet behandelt werden. Dies betrifft auch das Humanforschungsgesetz und seine Verordnungen, welche v.a. für die in der Humanforschung tätigen Unternehmen des Life Sciences-Standortes Basel von grosser Bedeutung sind. Die Handelskammer erwartet daher die konsequente Berücksichtigung der lex specialis Regel. Entsprechend fordert die Handelskammer das Humanforschungsgesetz mit all seinen Verordnungen in der Botschaft explizit als vorrangige Spezialgesetzgebung aufzuführen.

 

Auf den Art. 24 Abs. 2 lit. E. Ziff. 1 (Rechtfertigungsgrund der Forschung, Planung und Statistik) soll im Kontext mit Art. 4 Abs. 4 (Datenaufbewahrung) verzichtet werden. Aufgrund der lex specialis-Regelung geht auch hier das HFG vor.

 

Spezifische Regelungen für Verstorbene

Die Handelskammer fordert, die Bestimmungen auf Personendaten lebender Personen zu beschränken und die ersatzlose Streichung von Art. 12.

Überhöhte Informations- und Meldepflichten

Die Handelskammer wehrt sich kategorisch gegen die neuen Bestimmungen zu Informations- und Meldepflichten. Diese Pflichten bringen ausser erheblichem Mehraufwand nicht die mit dem Gesetz angestrebte Transparenz für die betroffenen Personen. Komplexe Geschäftsvorgänge z.B. in grossen Konzernen werden damit zusätzlich und unnötig verkompliziert und behindern die Wirtschaft. Die Handelskammer beider Basel fordert daher eine klare Reduktion der Informations- und Meldepflichten. Insbesondere fordert die Handelskammer, dass Art. 16 „Datenschutz-Folgenabschätzung“ nur für Betriebe ab 50 Mitarbeitern vorzusehen ist.

 

Keine übertriebenen Regelungen über EU-Grundsätze hinaus

Auf die Einführung neuer Schutzkategorien, die über die europäische Datenschutz-Grundverordnung und die Konvention 108 des Europarates hinausgehen, ist zu verzichten. Die Handelskammer fordert deshalb, dass das Sanktionssystem, v.a. dessen Strafbestimmungen, revidiert wird. Im Besonderen soll ein sogenanntes Profiling erst schutzrelevant werden, wenn das Profil verwendet wird und nicht bereits bei der Erstellung.

 

Einführung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten

Muss aufgrund europäischer Vorgaben oder Ausrichtung nach der DSGVO ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter eingeführt werden, so erwartet die Handelskammer dies auf freiwilliger Basis und unter gelockerten Informations- und Meldepflichten vorzusehen. Weiter fordert sie, dies erst ab einer Betriebsgrösse von 250 Mitarbeitern und nur für Unternehmen, die nach Europa exportieren, einzuführen. Der Datenschutzbeauftragte soll zu Selbstregulierung und Verantwortung in den Unternehmen beitragen. Es muss vermieden werden, dass dessen Einführung zu weiteren unnötigen Kosten in den Unternehmen insb. KMU führt.

 

Begrifflichkeiten der genetischen und biometrischen Daten

Bei der Definition von genetischen und biometrischen Daten muss deutlich herausgestellt werden, ob diese zum Zweck der Identifizierung erhoben werden. Es muss sichergestellt sein, dass die Untersuchung von genetischen Daten zur Erforschung von Mechanismen möglich ist. Die Identität der einzelnen Datenspender steht nicht im Vordergrund der Forschung und wird dafür auch nicht benötigt.

 

Fazit

Die Handelskammer beider Basel stellt folgende Forderungen an das revidierte Datenschutzgesetz:

  1. Die explizite Nennung des Humanforschungsgesetzes, dessen Verordnungen und deren Vorrang als lex specialis vor dem Datenschutzgesetz.
  2. Den Verzicht auf Art. 12.
  3. Klare Reduktion der überhöhten Informations- und Meldepflichten und der Art. 16 darf ausschliesslich für Betriebe ab 50 Mitarbeiter gelten.
  4. Den Verzicht auf Regelungen, die über europäisches Recht hinausgehen.
  5. Einführung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten auf freiwilliger Basis und nur für nach Europa exportierende Betriebe ab 250 Mitarbeitern.
  6. Eindeutigkeit in der Definition der Begrifflichkeiten von genetischen und biometrischen Daten.

Im Weiteren unterstützt die Handelskammer die Stellungnahmen von Interpharma, economiesuisse und dem Schweizerischen Verband Creditreform.

 

Stellungnahme

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