Der Wasserzins braucht eine grundlegende Überarbeitung

13.10.2017

Die Handelskammer beider Basel fordert, den bestehenden Systemfehler einer fixen Abgabe nicht weiter zu führen. Stattdessen ist die Gunst der Stunde zu nutzen und das System so rasch wie möglich in ein neues System zu überführen. Die Handselskammer regt die Einführung eines teilflexiblen Wasserzinses schon per 2020 an.

Die Handelskammer merkt an, dass mit der Einführung der Wasserzins-Abgabe 1918 ein Unding geschaffen wurde.

  1. Es wurde ein Fixum auf der einen Seite eingeführt (Wasserzins in den Standortkantonen), um ein variables Problem auf der anderen Seite zu lösen (Gewinnbeteiligung bei den Stromproduzenten).
  2. Zudem wurde davon ausgegangen, dass das Marktdesign sich nicht ändern wird. Als selbst die Marktöffnung voraussehbar wurde, reagierte man während der erfolgten Revisionen nicht darauf.
  3. Die Standortkantone konnten sich auf einen gesicherten und bedeutenden Steuerertrag einstellen. Entsprechend gross ist die Abhängigkeit davon geworden.

 Das Ergebnis ist ein Gordischer Knoten, der sich nicht mehr lösen, sondern nur noch sprengen lässt.

Der Wasserzins in seiner heutigen Form ist abzuschaffen und in ein neues System zu überführen.

 

Im Hinblick darauf, dass die komplette Marktöffnung weiterhin nicht absehbar ist, weist die Kammer noch auf folgenden ordnungspolitischen Sündenfall hin. Gebundene Kunden haben systembedingt keine Möglichkeit, einer für sie ungünstigen Preissituation auszuweichen. Sie sind also entweder auf den Goodwill der Versorger oder das Regulativ des Preisüberwachers angewiesen. Die bisherige Praxis zeigt jedoch, dass dies nur bedingt funktioniert, was eine Abkehr vom heutigen System weiter unterstützt.
Zudem sei noch angemerkt, dass sich das Wasserzinsmaximum seit Ende der 1980er Jahren komplett von der Landesteuerung entkoppelt hat. Unter dem Eindruck steigender Strompreise erfuhr das Maximum allein in den letzten 20 Jahren eine Verdopplung.

 

Vorschlag JA, Variante NEIN

In der Vorlage wird richtig erkannt, dass die Erhöhung des Wasserzinses 2010 auf falschen Annahmen basierte. In der Realität kamen einige Faktoren zusammen, welche dazu führten, dass sich der Strompreis in die komplett andere Richtung wie erwartet entwickelte.

Die Handelskammer unterstützt die Senkung des Wasserzinsmaximums gemäss Vorlage auf 80 Fr./kWbr.

 

In einer Variante wird vorgeschlagen, die Reduktion des Wasserzinses auf klar defizitäre Kraftwerke zu beschränken.
Dadurch wird aber der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt. Zum anderen – und das wiegt schwerer – werden jene Betreiber bestraft, die ihre betriebswirtschaftlichen Hausaufgaben gemacht haben und deren Portfolio schon länger auf eine gesunde Basis gestellt haben.
In der Quintessenz bedeutet es sogar, dass damit eine falsche Motivation ausgelöst wird: Es lohnt sich, defizitäre Kraftwerke im Portfolio zu haben.

Die Handelskammer sagt NEIN zur vorgeschlagenen Variante.

 

Nachfolgemodell
Prinzipielle Überlegung

Die Handelskammer begrüsst die in dieser Vorlage skizzierte Idee, wie der Wasserzins nach 2022 aufgestellt werden soll.
Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass der Wasserzins zum einen für die Empfängerkantone eine bedeutende steuerliche Einnahmequelle darstellt und zum anderen für die Kraftwerksbetreiber eine hohe finanzielle Zusatzbelastung bedeutet. Eine Neuregelung muss also berücksichtigen, dass die Steuerausfälle für die Kantone und die Belastung für die Betreiber jeweils so gering wie möglich gehalten werden.
Die Handelskammer ist der klaren Überzeugung, dass das Nachfolgemodell den schon jahrelang bestehenden Systemfehler des aktuellen Wasserzinsregimes korrigiert.

Die Handelskammer schlägt deshalb Folgendes vor:

  • Das neue Wasserzinssystem mit einem fixen und variablen Teil ist schon per 2020 ins Gesetz aufzunehmen.
  • Zeitgleich wird eine maximale Übergangsfrist von drei Jahren (ergo bis 2022) festgelegt.
  • Während der Übergangsfrist ist der Bund angehalten, die Wasserkraft nach Möglichkeit zu entlasten.
 
Detailvorschläge

Der fixe Anteil ist der Meinung der Handelskammer nach tendenziell tief zu halten. Insbesondere ist darauf zu achten, dass nicht der Verbraucher hierfür aufkommen muss, sondern der Betreiber des Kraftwerkes.

Die Handelskammer schlägt vor, den fixen Teil in Form einer Allmendgebühr zu erheben.
Als Höhe erachtet die Handelskammer einen Betrag von 40 Fr./kWbr für angemessen. Das entspricht dem Niveau des teuerungsbereinigten Wasserzinses aus dem Jahre 1918.

 

Für den variablen Teil des Wasserzinses ist eine angemessene Progressivität anzustreben. Er ist so auszugestalten, dass die Gesamtbelastung (fixer + variabler Teil) maximal etwa 80 Fr./kWbr entspricht.
Die Handelskammer erachtet einen Strompreis von 80 Fr./MWh als realistisches Szenario für die Zeit nach 2022. Er entspräche dem Doppelten des heutigen Strompreises, bzw. jenem Niveau, das er vor seinem Zerfall hatte.

Den Prinzipien der Allgemeingültigkeit sowie Gleichbehandlung (für gebundene wie auch freie Verbraucher) ist Rechnung zu tragen.
In diesem Rahmen gilt es zu prüfen, ob der variable Zinsanteil über die Netzkosten zu erheben ist.

 

Im Sinne eines Kompromisses stellt der Mechanismus eines teilvariablen Zinses den gangbarsten Weg dar. Die grösste Herausforderung dabei ist, eine Balance zwischen Entlastung der Betreiber und Einkommenssicherung für die Standortkantone zu finden.

Der Bund ist gefordert, einen Sockelbeitrag zu eruieren, der von den Standortkantonen akzeptiert wird. Ebenso muss er für den variablen Teil einen Startpreis und eine Steigung finden, die von den Betreibern getragen werden kann.

 

Eine radikale Alternative

Die meisten KMU in der Schweiz befinden sich aufgrund der Bezugsgrenze von 100‘000 kWh Strom nach wie vor im gebundenen Markt. Man könnte sagen, die Unternehmen (der Nordwestschweiz) leisten durch ihre Stromkosten einen verdeckten Ausgleich an die Bergkantone.

Die Handelskammer fordert deshalb im Sinne der Transparenz, dass der Wasserzins offen deklariert wird. Hierzu ist zu prüfen, ob dieser unter dem Teil Ressourcenpotenzial in den Finanzausgleich aufzunehmen ist.

 

Prinzipielle Überlegungen zur Ausgangslage

Der Wasserzins in der Schweiz wurde 1918 das erste Mal eingeführt und seither fünfmal revidiert, das letzte Mal 2010.
Der Sinn dieser Abgabe ist, die Nutzung der Gewässer zur Stromgewinnung und die Auswirkungen davon im Standortkanton zu entschädigen. Dabei legt der Bund ein zulässiges Maximum fest und überlässt die detaillierte Festlegung den Kantonen. 2010 wurde das Maximum von 80 Fr./kWbr auf 110 Fr./kWbr angehoben.
Die Wasserkraft ist mit Abstand die wichtigste Stromquelle für die Schweiz und hat sich in den letzten Jahren (notabene just nach der letzten Erhöhung des Wasserzinses 2010) in einem zunehmend schwierigen Umfeld befunden. Das ging so weit, dass gewisse Kraftwerke nicht mehr rentabel betrieben werden können. So wurden und sollen zukünftig verschiedene Massnahmen ergriffen werden, um diesen wichtigsten Pfeiler der Stromversorgung zu sichern.
Die nun vorgeschlagene Reduktion des Wasserzinsmaximums auf 80 Fr./kWbr stellt eine solche Massnahme dar.

 

Weiterführende, grundlegende Gedanken

Betreiber von Wasserkraftwerken haben jährlich nicht gedeckte Kapitalkosten zu tragen. Anhand einer vereinfachten Überschlagsrechnung lässt sich der Betrag eruieren.

 

Die Stromproduktion in der Schweiz beträgt etwa 60 TWh;
Daran hat die Wasserkraft einen Anteil von 60 Prozent

    --> das entspricht einer Produktion aus Wasserkraft von 36 TWh;

Die durchschnittlichen Gestehungskosten der Wasserkraft liegen bei etwa 6.2 Rp./kWh

    --> damit liegt man schweizweit bei Gestehungskosten von über 2.2 Mrd. Franken;

Der Wasserzins macht über ein Fünftel der Gestehungskosten aus

    --> das sind knapp 550 Mio. Franken.

 

Mit der Annahme des neuen Energiegesetzes durch den Souverän im Mai 2017, akzeptierte dieser ebenfalls eine finanzielle Unterstützung für die Betreiber von Wasserkraftwerken in der Höhe von jährlich 120 Mio. Franken. Sie ist auf fünf Jahre bis Ende 2022 befristet.

    --> Der Unterstützungsbeitrag reduziert das oben kalkulierte Defizit auf 430 Mio. Franken.

 

Sollte der Wasserzins wie vorgeschlagen von 110 auf 80 Franken reduziert werden, ergeben diese 30 Franken Differenz eine weitere Reduktion der ungedeckten Kapitalkosten von etwa 150 Mio. Franken.

    --> Somit landet man bei einem Restdefizit von etwa 280 Mio. Franken.

 

Das Defizit kann je nachdem auch tiefer ausfallen – z.B. wenn der kostendeckende Absatz an die gebundenen Kunden einbezogen wird. Gemäss Vorlage wären dies 50 Prozent, oder entsprechend ca. 140 Mio. Franken Restdefizit.

Jedenfalls soll dieser Fehlbetrag gemäss vorliegendem Entwurf über Effizienzsteigerungen, Strukturoptimierungen und Verzicht auf Eigenkapitalrendite seitens der Betreiber kompensiert werden.

 

Fazit

Die ganze Diskussion um die Energieversorgung in der Schweiz im Allgemeinen und im Hinblick auf den Wasserzins im Speziellen läuft prinzipiell auf die Frage hinaus:

Wie wichtig ist uns die Wasserkraft und wieviel ist sie uns wert?

Die Handelskammer ist überzeugt, dass in der Bevölkerung genügend Bereitschaft vorhanden ist, für die Sicherung der Wasserkraft etwas mehr auszugeben. Unabdingbar dabei ist, dass sich alle Verbraucher in einem diskriminierungsfreien und allgemeingültigen System befinden.

Mit den in dieser Stellungnahme skizzierten Anregungen, ist die Handelskammer überzeugt, einen Beitrag in diese Richtung zu leisten.

 

Stellungnahme Wasserzinsregelung nach 2019

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