Revision Gesetz über Abgeltung von Planungsmehrwerten

31.03.2023

Die Handelskammer beider Basel hat sich stets für eine möglichst tiefe Mehrwertabgabe starkgemacht. Die vorliegende Gesetzesrevision entstand im Lichte der Rechtsprechung und Gesetzgebung des Bundes. Jedoch ist die Vorlage an einigen Stellen noch anzupassen, um den Zielen einer zukunftsgerichteten und wirtschaftsfreundlichen Raumplanung gerecht zu werden.

Wir fordern:
  • Die Sistierung der Vorlage, bis die bundesrechtlichen Vorgaben klar sind.
  • Analog zum Kanton Aargau einen maximalen Prozentsatz festzulegen, auf welchen die Gemeinden ihre Mehrwertabgabe beschränken müssen.
  • Eine Einzelfallbetrachtung bei Um- und Aufzonungen. Hier soll den Gemeinden mehr Autonomie gegeben werden und in Härtefällen eine Befreiung oder substanzielle Reduktion von der Abgabe möglich sein. Auch soll der Kanton nicht über die bundesrechtlich geforderten 20 Prozent Mindestabgabesatz gehen.
  • Die Mehrwertabgaben weiterhin auf Basis des Verkehrswerts zu ermitteln.
  • Die eingenommenen Gelder zweckgebunden zu verwenden. Der Handelskammer ist es ein Anliegen, dass die Erträge finanziell getrennt verwaltet und einzig zweckmässig verwendet werden.
Zur Vernehmlassungsvorlage: Revision des Gesetzes über die Abgeltung von Planungsmehrwerten

Nachdem das Bundesgericht in zwei Entscheiden festgestellt hat, dass das kantonale Gesetz über die Abgeltung von Planungsmehrwerten vom 27.09.2018 (GAP/BL; SGS 404) gegen das übergeordnete Raumplanungsgesetz verstösst, gibt der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft nun eine Revisionsvorlage in die Vernehmlassung. Die Gemeinden sollen neu nicht nur bei Zuweisung von Boden zu einer Bauzone eine Abgabe zum Bodenmehrwert erheben, wie dies § 2 Abs. 1 GAP bisher regelte, sondern ebenfalls für den Planungsmehrwert, der durch Um- und Aufzonungen entsteht. Die vorliegende Vorlage schlägt einen durch die Gemeinde zu erhebenden Mehrwertabgabesatz von mindestens 30 Prozent vor, dies für Ein-, Um- und Aufzonungen. Darüber hinaus sollen Gemeinden bestimmen können, welche Mehrwertabgabesätze sie für angemessen erachten. Dabei sollen bei Neueinzonungen 75 Prozent der Einnahmen an den Kanton fliessen und 25 Prozent an die Standortgemeinde. Bei Auf- und Umzonungen verhält es sich gerade umgekehrt, die Gemeinde soll 75 Prozent erhalten und der Kanton 25 Prozent. Regeln die Gemeinden nichts, kommt auf jeden Fall der vorgegebene Abgabesatz zur Anwendung. Die Freigrenze wird demgegenüber von aktuell 50'000 Franken auf 30'000 Franken reduziert.
Die Einnahmen aus der Mehrwertabgabe sind von den Gemeinden bekanntlich zweckgebunden und unter anderem auch für Aspekte der Siedlungsentwicklung einzusetzen. Aber auch für den Ausgleich von Planungsmassnahmen, die zu Eigentumseinschränkungen führen, die einer Enteignung gleichkommen, sind sie zu verwenden. Ausser Erschliessungsbeiträgen und -gebühren sind die Gemeinden nicht berechtigt, weitere Infrastrukturabgaben zu erheben.

Forderungen

Die Handelskammer beider Basel hat sich stets für eine möglichst tiefe Mehrwertabgabe starkgemacht. Die vorliegende Gesetzesrevision ist im Lichte der Rechtsprechung und Gesetzgebung des Bundes nötig. Jedoch ist die Vorlage an einigen Stellen noch anzupassen, um den Zielen einer zukunftsgerichteten und wirtschaftsfreundlichen Raumplanung gerecht zu werden. Nachfolgend möchte die Handelskammer einige Denkanstösse in den Vernehmlassungsprozess geben und konkrete Forderungen stellen.

Sistierung der Vorlage, bis die bundesrechtlichen Vorgaben klar sind

Im Bundesparlament bestehen zurzeit Bestrebungen, die vom Bundesgericht vorgenommene Auslegung (siehe Fall Münchenstein) durch eine Klärung auf Gesetzesebene zu korrigieren. Der Ständerat hat die entsprechende Gesetzesänderung bereits beschlossen und auch die zuständige Bundesrätin hat sich für die entsprechenden Anpassungen ausgesprochen. Es ist also davon auszugehen, dass der Bund die gesetzlichen Bestimmungen wieder zum ursprünglichen Verständnis zurückführt. In anderen Worten wären die jetzt auf kantonaler Ebene beabsichtigten Änderungen möglicherweise gar nicht mehr nötig. Deshalb erscheint es der Handelskammer beider Basel nicht sinnvoll, zusätzliche Mehrwertabgaben einzuführen, bevor die bundesrechtlichen Vorgaben klar sind. Wir fordern deshalb eine Sistierung der Vorlage, bis Bern die entsprechenden Grundlagen geschaffen und verabschiedet hat.

Analog zum Kanton Aargau einen maximalen Prozentsatz festlegen

Die jetzt vorliegende Regelung ist ein kantonaler Freipass für die Gemeinden, welche bei der Festlegung ihrer Mehrwerte ausufern können. Dies widerspricht dem eigentlichen Ziel, die Mehrwertabgabesätze kantonal zu vereinheitlichen. Besonders Nachbargemeinden, welche unterschiedlich hohe Abgaben haben, sind aus raumplanerischer Sicht ein Problem. Zwangsläufig bestimmen diese Sätze mit, in welcher Gemeinde zuerst gebaut wird und schaffen damit Fakten. Raumplanung vermehrt auf der Gemeindeebene zu betreiben, erhöht das Risiko gesamthafter Fehlplanungen und ist aus Sicht des Gesetzgebers unbedingt zu vermeiden. Des Weiteren ist ein kommunaler Flickenteppich auch für Investoren höchst abschreckend und behindert die von vielen Seiten gewünschte Verdichtung.

Um- und Aufzonungen schwächer besteuern oder ausnehmen

Eines der obersten Ziele der Raumplanung ist gemäss revidiertem Raumplanungsgesetz die Verdichtung. Eine Mehrwertabgabe auf Aufzonungen könnte in bestimmten Fällen dazu führen, dass eine gewünschte Verdichtung nicht realisiert wird, weil die Abgabe zu zusätzlichen Kosten führen könnte, sodass sich die Verdichtung unter dem Strich nicht mehr lohnen würde. Die neue Regelung bremst Zonenanpassungen und Quartierpläne, welche eine Verdichtung anstreben, aus. Dies ist ein Fehlanreiz, welcher im Widerspruch zum revidierten Raumplanungsgesetz steht. Die Handelskammer beider Basel fordert – soweit Mehrwertabgaben nach Bundesgesetz überhaupt zwingend bleiben – nicht über den Minimalansatz von 20 Prozent zu gehen. Das Gleiche gilt für Neueinzonungen, wo gemäss Art. 5 Abs. 1bis RPG ein Abgabensatz von mindestens 20 Prozent vorzusehen ist. Es ist zudem wichtig, dass sämtliche Kosten, damit der Mehrwert überhaupt realisiert werden kann, bei der Berechnung berücksichtigt (abgezogen) werden können. Aufwendige Planungsverfahren und kostentreibende Vorgaben wie z.B. Varianzverfahren sind aufwendig und zeitintensiv. Es müssen echte Anreize geschaffen werden, dass sich die angestrebte Verdichtung auch lohnt.

Einzelfallbetrachtung

Idealerweise würde bei Um- und Aufzonungen jeweils eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen. Zumindest müssen die Grundstückbesitzer die Möglichkeit haben, in Härtefällen eine Befreiung oder substanzielle Reduktion von der Abgabe zu erwirken. Ein Härtefall kann bereits vorliegen, wenn die Verdichtung im öffentlichen Interesse liegt, sich aber für den Eigentümer aufgrund der zusätzlichen Besteuerung nicht lohnt.

Ermittlung der Mehrwertabgabe weithin auf Basis des Verkaufswertes

Die Handelskammer beider Basel erachtet die vorgeschlagene Ermittlung der Mehrwertabgabe aufgrund der Bodenpreise als nicht sachgerecht. Aufgrund der Bedeutung der Mehrwertabgabe für die betroffenen Grundeigentümer und Investoren rechtfertigt es sich, die konkreten Verkehrswerte pro Fall zu ermitteln. Mit den von Schätzern genutzten Tools der Privatwirtschaft ist dies auch mit angemessenem Aufwand möglich. Die Kosten dafür hat die Gemeinde zu tragen.

Gelder zweckgebunden verwalten

Der Handelskammer beider Basel ist es ein Anliegen, dass die Gelder auch auf Gemeindeebene in jedem Fall zweckgebunden verwendet werden. Idealerweise prioritär innerhalb der Zonen und Quartierpläne in welchen die Abgaben erhoben wurden. Unter der Voraussetzung, dass die Erträge finanziell getrennt verwaltet und einzig zweckmässig verwendet werden, steht die Handelskammer auch hinter der angedachten Verteilung zwischen Kanton und Gemeinden. Zusätzlich wäre eine Klausel denkbar, dass Gelder, die nicht innert 10 Jahren verwendet werden, wieder an die Gemeinden zurückerstattet werden. Die Handelskammer beider Basel unterstützt in diesem Zusammenhang auch die geplante Aufhebung der Infrastrukturbeiträge bei Einführung einer Mehrwertabgabe bei Auf- und Umzonungen. Sollten die bundesrechtliche Rechtsprechung durch die eidgenössischen Räte nicht korrigiert werden, verbleibt kein Raum für separate Infrastrukturbeiträge.

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