Umsetzung OECD Steuerreform

20.04.2022

Die Handelskammer bedauert, dass bereits wieder eine Reform der Unternehmensbesteuerung erforderlich wird. Diese ist jedoch unumgänglich und im Interesse der betroffenen Unternehmen, die dadurch Rechtssicherheit erhalten. Wir unterstützen das vom Bundesrat vorgeschlagene Vorgehen, fordern jedoch noch Anpassungen am Verfassungstext. Die Einnahmen aus der neu geschaffenen Ergänzungssteuer sollen vollumfänglich den Kantonen zukommen, die sie erheben. Dies soll aber nicht nur in einer Übergangsbestimmung, sondern in der Grundnorm festgehalten werden. Damit soll eine doppelte Diskussion über die Verteilung der Einnahmen vermieden werden. Zudem erhalten die Kantone so die nötige Sicherheit, um Massnahmen zur Kompensation der Mehrbelastung zu planen und zu budgetieren.

1. Ausgangslage

Mit dem OECD/G20-Projekt zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft soll das System der internationalen Besteuerung von grossen Unternehmen neu geregelt werden. Das Projekt umfasst zwei Säulen. Einerseits sollen die Marktstaaten künftig einen höheren Anteil des Gewinns von internationalen Unternehmensgruppen mit einem Umsatz von über 20 Milliarden Euro und über 10 Prozent Gewinnmarge besteuern können, andererseits soll eine Mindestbesteuerung von 15 Prozent für grosse Unternehmensgruppen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro eingeführt werden. 

Die OECD-Mindestbesteuerung führt für viele grosse Unternehmen in der Schweiz zu einer höheren Steuerbelastung. In den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft dürften zusammen um die 90 Unternehmen betroffen sein.

2. Generelle Einschätzung der Vorlage

Die Handelskammer bedauert, dass bereits wieder eine Reform der Unternehmensbesteuerung aufgrund von internationalen Vorgaben erforderlich wird. Dies nach der eben erst erfolgten AHV-Steuervorlage (STAF), die in manchen Kantonen noch gar nicht vollständig umgesetzt ist. Viele Kantone haben die STAF für umfassende Reformen genutzt und sich dabei als Wirtschaftsstandort ausgezeichnet positionieren können. Diese Errungenschaften werden durch die Bestrebungen nach einer OECD-Mindestbesteuerung nun in Frage gestellt.

Generell stellt sich die Frage, ob die von der Reform verfolgten Ziele mit den geplanten Besteuerungsregeln überhaupt erreicht werden können. Dennoch erachten wir eine Reform der Besteuerung grosser Unternehmensgruppen, wie sie vom Bundesrat nun aufgrund des OECD/G20-Projektes  vorgeschlagen wird, als unumgänglich. Es liegt im Interesse der betroffenen Unternehmen, dass die Schweiz sich an die internationalen Vorgaben zur Unternehmensbesteuerung hält und diese rasch umsetzt. Dies bietet den betroffenen Unternehmen nicht nur Rechtssicherheit, sondern verhindert auch deren Belastung durch zusätzliche administrative Belastungen in anderen Ländern aufgrund von Zusatzbesteuerungen.

3. Beurteilung des vorgeschlagenen Vorgehens

Das vom Bundesrat vorgeschlagene Vorgehen, die Bevölkerung über eine Verfassungsänderung abstimmen zu lassen und diese dann mittels Verordnung umzusetzen, bis der Bundesgesetzgeber die entsprechende Gesetzgebung verabschiedet hat, erscheint uns als sinnvoll. Es bestehen zu diesem Vorgehen auch kaum Alternativen, wenn die nötigen Bestimmungen am 1. Januar 2024 in Kraft treten sollen.

Zu bedenken ist jedoch, dass der Bundesgesetzgeber sich bei der definitiven Umsetzung in Gesetzesform nicht zu weit von der Verordnung des Bundesrates entfernen sollte. Andernfalls käme es innert kurzer Zeit zu einer weiteren grösseren Umstellung bei den betroffenen Unternehmen. Dies sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Dies wird im Rahmen der Vernehmlassung zur Verordnung, die folgen wird, noch näher zu betrachten sein.

4. Zu einzelnen Aspekten der Vorlage

4.1. Einführung einer neuen Verfassungsnorm

Die Einführung einer zusätzlichen Bestimmung ist aus rechtlicher Sicht zwingend. Die vorgesehene Ungleichbehandlung von Unternehmen steht im Widerspruch mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der gleichmässigen Besteuerung. Deshalb ist es unumgänglich, die Bundesverfassung entsprechend zu ergänzen.

Diese Ungleichbehandlung von grossen Unternehmen ist höchst unerfreulich, aber dennoch leider notwendig, um die Auswirkungen der Reform auf einen möglichst kleinen Kreis von Unternehmen zu begrenzen.

4.2. Detaillierungsgrad der Übergangsbestimmung

Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Übergangsbestimmungen sind detailliert und teilweise klärungsbedürftig (beispielsweise der in Abs. 2 lit. d verwendete Begriff der «Geschäftseinheit»). Es sollte deshalb geprüft werden, ob diese Übergangsbestimmung gestrafft und vereinfacht werden kann. Angesichts der noch nicht abgeschlossenen Diskussionen auf internationaler Ebene könnten sich zu ausführliche Bestimmungen als nachteilig erweisen. Mit einer Beschränkung auf die wichtigsten und notwendigen Grundsätze bleibt mehr Spielraum erhalten, um auf Verordnungsstufe Umsetzungslösungen im Interesse der Wirtschaft zu finden.

4.3. Umgang mit den Einnahmen aus der Ergänzungssteuer

Der erläuternde Bericht geht nach einer groben Schätzung von Mehreinnahmen in der Grössenordnung von 1 bis 2,5 Milliarden Franken aus. Diese Bandbreite ist relativ hoch und die Mehreinnahmen entsprechend unsicher. Insbesondere, da die Mindereinnahmen durch den Verlust an Standortattraktivität gemäss Bericht nicht berücksichtigt sind. Die Schätzungen sind daher, obwohl sie extern plausibilisiert wurden, mit grösster Vorsicht zu geniessen. Insbesondere ist von einer grosszügigen Verteilung von erwarteten Mehreinnahmen Abstand zu nehmen, bis mehr Klarheit über die finanziellen Auswirkungen besteht.

Die Handelskammer beider Basel fordert nachdrücklich, dass die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer vollumfänglich den Kantonen zukommen müssen, so wie dies in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehen ist (Art. 197 Ziff. 14 Abs. 6). Sie haben in den letzten Jahren den vom Bund vorgegebenen Rahmen genutzt, um sich im internationalen Standortwettbewerb zu positionieren. Sie haben dabei teilweise auf Steuereinnahmen verzichtet und in Standortfaktoren investiert. Ist nun aufgrund externer Vorgaben eine zusätzliche Steuer zu erheben, ist es daher legitim, diese den betroffenen Kantonen zukommen zu lassen. Diese Kantone sind am nächsten bei den betroffenen Unternehmen und können deren Bedürfnisse am besten abschätzen. Dementsprechend können sie gezielte Massnahmen ergreifen, um die Standortattraktivität soweit möglich zu erhalten.

Eine Beteiligung des Bundes an den erwarteten Mehreinnahmen kommt für die Handelskammer nur dann in Frage, wenn diese zielgerichtet für Massnahmen zur Förderung der Standortattraktivität eingesetzt werden.

4.4. Beständigkeit der Verteilungsregelung

Es muss vermieden werden, dass innert kurzer Zeit zwei Mal die gleiche Diskussion über die Verteilung der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer geführt werden muss. Die Kantone müssen in der Lage sein, Massnahmen zur Kompensation der Mehrbelastung langfristig planen und budgetieren zu können. Aus diesem Grund soll die derzeit in der Übergangsbestimmung vorgesehene Regelung (Art. 197 Ziff. 14 Abs. 6) in der Grundnorm der Bundesverfassung festgeschrieben werden. Dies analog zu anderen Bundessteuern, wo der Kantonsanteil ebenfalls auf Verfassungsstufe festgeschrieben ist.

Müssen die Kantone zuerst die Diskussionen des Parlaments im Rahmen der Umsetzungsgesetzgebung abwarten, können sie in dieser Zeit aufgrund der finanziellen Unsicherheit keine Kompensationsmassnahmen umsetzen. Diese Zeit des Abwartens schadet dem Wirtschaftsstandort, da die Unternehmen derweil nicht wissen, mit welchen Massnahmen sie rechnen können.

4.5. Praktische Umsetzung

Der Verteilmechanismus für die Ergänzungssteuer innerhalb der Schweiz muss zwingend an die bestehende und bewährte Methodik der interkantonalen Steuerausscheidung anknüpfen. Eine Übertragung der GloBE-Regeln ins Inland würde eine Betriebsstätten-Buchhaltung erzwingen und de facto eine zweite, parallele Steuerausscheidung nur zum Zweck der Steuerverteilung errichten, was für die betroffenen Unternehmen mit einem unnötigen, unzumutbaren und völlig unverhältnismässigen Mehraufwand verbunden wäre.

4.6. Nationaler Finanzausgleich

Aktuell besteht aus unserer Sicht kein Grund für eine Anpassung des Bundesgesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG). Das derzeitige System vermag die Auswirkungen dieser Steuerreform aufzufangen. Mit Blick auf die erst kürzlich erfolgte Reform des NFA, mit intensiven Verhandlungen zwischen Geber- und Nehmerkantonen, sollte darauf verzichtet werden, eine weitere grosse Baustelle zu eröffnen. Sollte sich in einigen Jahren zeigen, dass entgegen den Erwartungen doch Anpassungen notwendig sind, können diese zu einem späteren Zeitpunkt in Kenntnis der Auswirkungen immer noch vorgenommen werden.

4.7. Kompensationsmassnahmen

Die Handelskammer beider Basel hält fest, dass sie eine Kompensation der durch diese Reform für die Unternehmen entstehenden Mehrbelastung erwartet. Die betroffenen Unternehmen zahlen bereits heute substanziell Steuern und bieten zehntausende Arbeitsplätze. Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft sind nicht zuletzt deswegen attraktive Wirtschaftsstandorte. Diese Attraktivität muss erhalten bleiben. Die Kantone sind deshalb gefordert, in Zusammenarbeit mit dem Bund geeignete Massnahmen zu finden. Dies ist auch im Interesse der öffentlichen Hand und der Bevölkerung. Eine regionale Absprache ist dabei wichtig.

Für die Handelskammer stehen dabei klar Massnahmen im Vordergrund, welche die Standortbedingungen verbessern. Die Massnahmen müssen dazu führen, dass die Schweiz für Fachkräfte und die Unternehmen attraktiver wird. Da sich durch eine teilweise Neutralisierung des internationalen Unternehmenssteuerwettbewerbs der Wettbewerb auf andere Standortfaktoren verlagert, sind entsprechende Investitionen in ebendiese erforderlich. Die Handelskammer unterstützt deshalb Vorschläge, welche die von der OECD-Reform ausgelösten Mehrkosten bei den betroffenen Unternehmen ausgleichen und solche, welche die Standortattraktivität erhöhen.

Dazu gehört beispielsweise der Vorschlag der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, wonach sich der Bund stärker an der Finanzierung von Hochschulen und Fachhochschulen sowie an besseren Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung beteiligen soll. Die zusätzlichen Mittel sind dabei zielgerichtet für Projekte in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft einzusetzen. Denkbar sind aber auch Investitionen in andere Standortfaktoren, wie eine bessere Infrastruktur (z.B. Stromversorgung) oder eine tiefere Besteuerung von natürlichen Personen.

Im Übrigen schliesst sich die Handelskammer beider Basel der Stellungnahme und den Ausführungen von economiesuisse an. Insbesondere unterstützt sie die Forderung, die Verfassungsbestimmung enger zu fassen und die Delegationsnorm für die besondere Besteuerung von grossen Unternehmensgruppen auf von der Schweiz im Interesse der Schweizer Gesamtwirtschaft zwingend umzusetzende internationale Standards und Modellregelungen zu begrenzen.

5. Fazit

Die Handelskammer beider Basel kann die vom Bundesrat vorgeschlagene Vorlage im Sinne der vorstehenden Ausführungen unterstützen. Sie fordert, dass die Einnahmen der Ergänzungssteuer vollumfänglich bei den Kantonen bleiben. Zudem soll die Verteilungsregel in die Grundnorm (Art. 129a BV) aufgenommen werden, damit die Kantone minimale Planungssicherheit für Kompensationsmassnahmen erhalten. Diese Massnahmen müssen dem Erhalt der Standortbedingungen dienen.

Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung OECD/G20-Projekt)

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