Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 8. und 15. Mai 2019

06.05.2019

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzungen vom 8. und 15. Mai 2019 Stellung.

Grundsätzliches zur Energie- und Umweltpolitik

Die Handelskammer beider Basel beschäftigt sich intensiv mit den Themen Energie und Umwelt. Mit der Energie- und Umweltkommission verfügt sie über ein ausgewogenes Fachgremium, in dem neben Grundsatzpositionen auch spezifische Geschäfte der Energie- und Umweltpolitik diskutiert und erarbeitet werden. Die fundierten Erkenntnisse und Positionen fliessen dabei in die tägliche Arbeit der Handelskammer ein.

Wir sind davon überzeugt, dass insbesondere in der Energie- und Umweltpolitik ein hoher Grad an Differenzierung notwendig ist, bei dem die Machbarkeit von Massnahmen im Vordergrund steht. Nur so können nationale und kantonale Ziele, vor allem in der Klimapolitik, die für die Schweiz und Region Basel auch aufgrund internationaler Abkommen immer verbindlicher werden, effektiv und vor allem effizient umgesetzt werden. Eine einseitige und stark vereinfachte Sichtweise der komplexen Thematik lehnt die Handelskammer ebenso ab, wie nationale und kantonale Alleingänge, die länderübergreifende Anstrengungen unterminieren und die Standortattraktivität der Region Basel negativ beeinträchtigen. Schon heute verfügen die Schweiz und insbesondere der Kanton Basel-Stadt über eine umfassende Gesetzgebung, die in den letzten Jahren zu einer signifikanten Senkung des CO2-Ausstosses geführt hat.

Die Dekarbonisierung des Energieverbrauchs, als oberstes Ziel nationaler und internationaler Anstrengungen zur Abmilderung von Folgen des Klimawandels, stellt grosse Herausforderungen an die Unternehmen und die Zivilbevölkerung. Zahlreiche Massnahmen wurden bereits ergriffen und erfolgreich umgesetzt. Zu nennen wäre hier beispielsweise das Grossverbrauchermodell als pragmatisch und ökonomisch effizientes Instrument, das es zu erhalten und ggf. weiterzuentwickeln gilt. Hinzu kommen zahlreiche freiwillige Massnahmen der Unternehmen, die bereits Wirkung entfaltet haben.

Die aktuelle Diskussion um Klimaschutzmassnahmen empfindet die Handelskammer als einseitig, undifferenziert und nicht praxistauglich. Wir fördern und fordern den konstruktiven Dialog der unterschiedlichen Interessensgruppen sowie die Umsetzung von Massnahmen, die sich aus einem solchen ergeben haben. Für einen solchen Austausch, beispielsweise im Rahmen einer Spezialkommission, steht die Handelskammer zu jeder Zeit zur Verfügung.

Wir bitten Sie, geschätzte Grossrätinnen und Grossräte, unsere folgenden Stellungnahmen zur Kenntnis zu nehmen.

Traktandum 10: Antrag Pascal Messerli und Konsorten auf Einreichung einer Standesinitiative betreffend EU-Rahmenabkommen

Ein institutionelles Abkommen schafft Stabilität für die Handelsbeziehungen mit der EU, die für die Region Basel fundamental sind. Zudem kann mit einem solchen Abkommen der bewährte «bilaterale Weg», der von der Mehrheit der Schweizer Unternehmen und der Bevölkerung befürwortet wird, fortgesetzt und – ebenso wichtig – weiterentwickelt werden. Die im Antrag genannten offenen Punkte, können zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden, da die Einschätzungen des Bundesrates noch nicht vorliegen. Eine voreilige negative Beurteilung des Abkommens durch den Grossen Rat ist daher in jedem Fall nicht angebracht.

Die Handelskammer bittet Sie deshalb, den Antrag abzulehnen.

Traktandum 11.5: Motion betreffend Basel pro Klima: Nur noch zukunftsorientiert investieren

Bezugnehmend auf unsere einleitenden Ausführungen, bitten wir Sie die Motion nicht an den Regierungsrat zu überweisen.

Traktandum 11.7: Motion betreffend Basel pro Klima: Erhalt und Erhöhung der Biodiversität

Bezugnehmend auf unsere einleitenden Ausführungen, bitten wir Sie die Motion nicht an den Regierungsrat zu überweisen.

Traktandum 11.8: Motion betreffend Basel pro Klima: Pariser Klimaabkommen einhalten

Mit der Motion 19.5145.01 wird gefordert, dass der CO2-Ausstoss im Kanton Basel-Stadt bis 2030 um 40% zum Referenzjahr 2010 reduziert und in einem zweiten Schritt auf Nettoemissionen von null bis 2050 gesenkt wird. Die von den Initianten genannten Zielvorgaben betreffend CO2-Ausstoss, empfindet die Handelskammer als impraktikabel.

Bezugnehmend auf unsere einleitenden Ausführungen, bitten wir Sie die Motion nicht an den Regierungsrat zu überweisen.

Traktandum 11.11: Motion für einen wirkungsvolleren Baumschutz im Kanton Basel-Stadt

Die Motion 19.5151.01 für einen wirkungsvolleren Baumschutz unterstreicht die Bedeutung von Bäumen im städtischen Raum. Die Handelskammer empfindet die formulierte Einschränkung der Ausnutzungsziffer im Falle fehlender gleichwertiger Ersatzpflanzung im Bauperimeter oder im Quartier zum Erhalt des geschützten Baums als unangemessen und kontraproduktiv. So schafft die Motion, aufgrund ihrer Inflexibilität, Anreize den ökologischen Wert der Bäume möglichst tief zu halten, um einer Wertminderung des Grundstücks entgegenzuwirken. In einer dicht besiedelten Stadt ist die vollständige Nutzung der Ausnutzungsziffer essentiell und ein wichtiges Instrument für eine bodenschonende Raumplanung, die der Zersiedelung entgegenwirkt.

Die Handelskammer empfiehlt, die Motion abzulehnen.

Traktandum 11.12: Motion betreffend Nachtflugsperre: Für Bevölkerung und Klima

Der EuroAirport sichert die Erreichbarkeit der Region Basel auf dem Luftweg und ist für die Fracht sowie den Passagierverkehr im privaten und geschäftlichen Bereich von grosser Bedeutung. Der EuroAirport hat sich proaktiv bereits für eine Prüfung zur Einschränkung des Betriebs durch das französische Transportministerium ausgesprochen. Demnach wären geplante Starts nach 23 Uhr künftig nicht mehr möglich. Dies wäre ein harter Einschnitt in die erfolgreiche Geschäftstätigkeit des EuroAirports, dessen Geschäftsmodell, im Gegensatz etwa zum Hub-Flughafen Zürich, auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen basiert.

Dass sich der EuroAirport dennoch zu dieser drastischen Massnahme entschlossen hat, zeigt, dass die Anliegen der Anwohner sehr ernst genommen werden. Dies offenbart auch die aktive Lärmschutzpolitik, die der EuroAirport bereits seit 30 Jahren betreibt. Eine weitere Einschränkung des Betriebs oder der Betriebszeiten ist keinesfalls möglich, sofern der EuroAirport auch in Zukunft wachsen und der Region Basel als wichtige Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stehen soll.
Hier ist festzuhalten, dass der Betrieb am EuroAirport die geltenden Immissionsgrenzwerte nicht verletzt. Die Handelskammer lehnt daher jegliche weitere Verschärfung der Lärmvorschriften vehement ab. Vielmehr ist zunächst zu definieren, inwieweit dem Fluglärm – vor allem in den sensiblen Nachtstunden – gezielt entgegengetreten werden kann. Diesem soll punktuell mit Anreizsystemen, wie dynamische Landegebühren und der Begünstigung von lärmarmen Flugzeugen begegnet werden.

Wir bitten Sie daher, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 11.13: Motion betreffend einer finanziellen Belastung des C02-Ausstosses des Flugverkehrs am EuroAirport via Flughafentaxe

Der EuroAirport ist der einzige binationale Flughafen der Welt. Als dritter Landesflughafen der Schweiz, sichert er die Erreichbarkeit der Region Basel auf dem Luftweg. Er ist ein wichtiger Standortfaktor, und darf daher weder durch eine übertriebene Regulierung, noch durch unverhältnismässig hohe Kosten in seiner Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt werden. Sofern Gebühren im Zusammenhang mit der Nutzung des Verkehrsträgers erhoben werden sollten, müssen diese daher dringend international abgestimmt sein, um keine Nachteile zulasten der Region Basel zu schaffen.

Es stellt sich aufgrund der binationalen Eigentümerschaft des Flughafens ohnehin die Frage, ob Gebühren auf die vorgeschlagene Weise überhaupt erhoben und einseitig verwendet werden könnten. Zahlreiche ökonomisch-empirische Studien zeigen zudem, dass der Lenkungseffekt durch Abgaben im Verkehrsbereich gering ist. Ursächlich hierfür ist eine geringe Bereitschaft zum Wechsel/Verzicht („Elastizität") der Nachfrager in der Nutzung der Verkehrsträger. Als Grund dafür gilt, u.a., die Notwendigkeit von Reisetätigkeiten in Kombination mit mangelhaften alternativen Fahrangeboten. Zusätzliche Steuern oder Abgaben verteuern das Produkt daher, ohne einen nennenswerten Effekt, in Form einer Lenkung, auf die Nachfrage zu haben. Im Endeffekt zahlen Kunden dann mehr für das gleiche Produkt, was insbesondere Personen mit geringem Einkommen überproportional belastet.

Wir bitten Sie daher, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 11.14: Motion betreffend Lärm- und Klimaschutz durch gute Zugsverbindungen

Der Verkehrsknoten Basel zeichnet sich durch einen hervorragenden Anschluss an die verschiedenen Mobilitätsträger Motorisierter Individualverkehr (MIV), Fernbus-, Bahn- und Luftverkehr aus. Die Motion 19.5154.01 sieht vor, dass Flughafentaxen des binationalen EuroAirports zur Finanzierung eines Kompetenzzentrums zur Förderung internationaler Bahnanbindungen in der Region Basel verwendet werden.
Eine einseitige Zweckentfremdung von Flughafentaxen wäre nicht nur ein Affront gegenüber den französischen Partnern, sie würde auch den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Mobilitätsträgern MIV, Fernbus-, Bahn- und Luftverkehr weiter verzerren und wäre weder dem Lärm- noch zum Klimaschutz zuträglich. Wie die Motionäre schildern, besteht bereits heute ein gut ausgebautes Bahnfernverkehrsnetz, welches aufgrund teils ungenügender Nachfrage über die vergangenen Jahre angepasst und konkurrenzfähiger gemacht wurde. Das angeführte Argument, dass das einmalige Umsteigen in den hervorragend angeschlossenen Städten Zürich oder Mulhouse zum Erreichen einer Destination, welche mehrere Zugstunden entfernt liegt, unzumutbar sei, ist absurd.

Die Handelskammer empfiehlt die Motion abzulehnen.

Traktandum 12.14: Anzug betreffend Digitalisierung vorantreiben – Steuererklärung online

Der Anzug fordert, die heutige Softwarelösung bei den Steuern durch eine Online-Plattform abzulösen, wo zudem die beim Staat ohnehin schon verfügbaren Daten automatisch vorabgefüllt werden sollen. Ein möglichst einfaches, effizientes und schlankes System, um die Steuererklärung auszufüllen, bringt für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Vorteile. Der Aufwand sinkt sowohl auf Seiten der Steuerpflichtigen, als auch auf Seiten der Verwaltung, welche die Steuererklärungen mit weniger Aufwand überprüfen kann. Der Vorschlag entspricht zudem der technologischen Entwicklung: Immer mehr Programme werden online angeboten und müssen nicht mehr lokal auf den Computer heruntergeladen werden. Damit entfallen für die Anwender Arbeitsschritte, die für einige potenzielle Nutzerinnen und Nutzer heute eine Hürde darstellen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung werden mit einer solchen Lösung sinnvoll und gewinnbringend eingesetzt.

Die Handelskammer empfiehlt, den Anzug zu überweisen.

Traktandum 19: Antwort durch die Regierung zur Motion Thomas Grossenbacher und Konsorten betreffend Untertunnelung der gesamten Osttangente durch das Stadtgebiet

Die Motion stellt mit einer komplett unterirdischen Streckenführung der Osttangente eine naheliegende und sympathische Forderung auf. Wie aus den Ausführungen des Regierungsrates ersichtlich wird, würde ein solches Projekt aufgrund der erforderlichen und kostenintensiven baulichen Begleitmassnahmen jedoch nicht nur ein deutlich schlechteres Kosten-Nutzen-Verhältnis gegenüber dem derzeitigen Rheintunnel-Projekt aufweisen. Es käme dadurch auch zu einer erheblichen Mehrbelastung des städtischen Strassennetzes, was kaum im Sinne des Motionärs wäre.

Aus den ausführlichen Erläuterungen des Regierungsrates wird ersichtlich, dass die durch die Motion vorgeschlagene Variante bereits mehrfach vertieft geprüft und aufgrund der Prüfungsergebnisse schliesslich verworfen wurde. Eine Überweisung der Motion hätte somit keinen Erkenntnisgewinn zur Folge, sondern würde lediglich zu Verzögerungen und Irritationen beim derzeit vorangetriebenen Rheintunnel-Projekt führen. Aufgrund der dringend erforderlichen Sanierung der Osttangente wäre dies höchst problematisch.

Wir bitten Sie daher, dem Regierungsrat zu folgen und die Motion nicht zu überweisen.

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