Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 27. und 28. April 2022

22.04.2022

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzungen vom 27. und 28. April 2022 Stellung.

Traktandum 21.23: Christoph Hochuli und Konsorten betreffend Vorgeburtlicher Mutterschutz

Die Handelskammer beider Basel bittet Sie, den Anzug nicht zu überweisen. Für die Argumentation verweisen wir auf die Ausführungen des Arbeitgeberverbandes Basel.

Traktandum 45: Stellungnahme des Regierungsrates zur Motion René Brigger und Konsorten betreffend Definition preisgünstiger Wohnungsbau und Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für Bebauungspläne

Die Motion fordert, den Begriff „preisgünstiger Wohnungsbau" zu definieren und diese Definition in das Bau- und Planungsgesetz (BPG) aufzunehmen. Der Richtplan des Kantons sieht bereits heute vor, dass bei der Entwicklung neuer Wohnbaugebiete ein Drittel preisgünstiger Wohnraum entstehen soll. Gemäss Zahlen des Bundesamts für Statistik steht der Kanton Basel-Stadt mit einem Anteil von über 10 Prozent gemeinnützigen Wohnungen schon jetzt schweizweit an der Spitze. Es ist davon auszugehen, dass die Definition von „preisgünstigem Wohnraum" strikt ausfallen würde und somit im Rahmen von Bebauungsplänen die notwendige Flexibilität bei der Umsetzung von sozialen Zielen des Wohnungsbaus im Einklang mit berechtigten Interessen der Investoren fehlen würde. Weitere Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit zusammen mit den stark eingeschränkten Renditemöglichkeiten würden Investoren abschrecken und auch auf planerischer Seite entwicklungshemmend wirken. Davon wären aber nicht ausschliesslich die zur Wohnnutzung vorgesehenen Parzellen betroffen, sondern die gesamte Arealentwicklung, also auch solche für Arbeitstätigkeiten. Hochwertige und bezahlbare Wirtschaftsflächen sind aber ein wichtiger Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Basel und eine geringere Verfügbarkeit und Qualität solcher Flächen hätte direkte Auswirkungen auf den Wohlstand des Kantons.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 54: Stellungnahme des Regierungsrates zur Motion Luca Urgese und Konsorten betreffend attraktives Steuerumfeld für Familien und Fachkräfte

Die Motion fordert eine Reduktion der Einkommenssteuerbelastung für Familien und Fachkräfte. Der Regierungsrat soll dem Grossen Rat innert zwei Jahren eine entsprechende Vorlage unterbreiten. Aktuell sind bei der Regierung eine Gemeindeinitiative und mehrere parlamentarische Vorstösse hängig. Sie haben gemeinsam, dass sie höhere Abzüge bei der Einkommenssteuer fordern, sei es für Kinder, Krankenkassenprämien oder die externe Kinderbetreuung. Der Regierungsrat hat in seiner Berichterstattung zur Gemeindeinitiative „Entlastung von Familien" angekündigt, die verschiedenen Forderungen zu einem umfassenden Gegenvorschlag zusammenzufassen.

Die Handelskammer unterstützt eine gemeinsame Behandlung aller hängigen Vorstösse, damit ein kohärentes und stimmiges Gesamtpaket verabschiedet werden kann. Sie ist jedoch der Meinung, dass im Rahmen dieses Gesamtpakets auch über eine Reduktion des Einkommenssteuersatzes gesprochen werden muss.

Diverse Standortvergleiche zeigen immer wieder, dass der Kanton Basel-Stadt bei mittleren und höheren Einkommen eine überdurchschnittliche Steuerbelastung aufweist. Bestätigt wurde dies in einer von Prof. Kurt Schmidheiny erstellten Analyse, die im Themendossier Kantonsfinanzen Basel-Stadt der Handelskammer publiziert wurde. Im internationalen Standortwettbewerb spielen nicht nur die Steuerbelastung, sondern auch weitere Standortfaktoren wie die Lebensqualität, die Infrastruktur oder das Bildungssystem eine wichtige Rolle. Aber auch die Steuern sind ein wichtiger Faktor. Die Einführung der OECD-Mindeststeuer für Unternehmen wird dazu führen, dass sich der Standortwettbewerb auf andere Faktoren konzentriert. Einer dieser Faktoren wird die Steuerbelastung für die Mitarbeitenden sein. Es ist daher wichtig und richtig, sich frühzeitig darum zu kümmern, in diesem Bereich wettbewerbsfähig zu sein. Die positiven Rechnungsabschlüsse der letzten Jahre – trotz Pandemiekosten in dreistelliger Millionenhöhe - bieten dafür den notwendigen finanziellen Spielraum. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, den Einkommenssteuersatz zu senken.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 67: Stellungnahme des Regierungsrates zur Motion der Spezialkommission Klimaschutz für eine Ersatzpflicht für fossile Heizungen per 2035

Das aktuelle Energiegesetz Basel-Stadt sieht vor, dass der Ersatz eines fossilen Heizsystems grundsätzlich durch eines mit erneuerbaren Energien betriebenes zu erfolgen hat. Über 9 von 10 neuen Heizsystemen werden heute mit erneuerbaren Energien betrieben. In den übrigen Fällen können neben einer nachweislich nicht wirtschaftlichen Umsetzbarkeit auch Gründe der technischen Machbarkeit im Wege stehen. Aus unserer Sicht ist dies ein klimafreundliches und zugleich auch ökonomisch effizientes Setting, das sich praktisch bewährt hat. Dem Ansinnen der Motion stehen wir daher kritisch gegenüber: Die Kriterien, nach denen ein fossiles nicht durch ein mit erneuerbaren Energien betriebenes Heizsystem ersetzt werden muss, sind schon heute streng. Es folgt dem Kosten-Nutzen-Prinzip. Die wenigen verbleibenden fossilen Heizsysteme sind mit einem vernünftigen finanziellen Aufwand kaum ersetzbar. Dahinter steckt auch ein ökonomisches Prinzip, nach dem die Massnahmen zur Erreichung der letzten Prozente häufig nur mit einem unverhältnismässigen (finanziellen) Aufwand erreicht werden können. Wir lehnen es daher ab, Steuergelder für den Ersatz dieser wenigen fossilen Heizsysteme einzusetzen. Zu betonen gilt ausserdem, dass ein vollständiger Ersatz fossiler Heizsysteme bis 2035 durch erneuerbare auch vor dem Hintergrund eines Fachkräfte- und Materialmangels kaum zu bewältigen sein wird. Zu guter Letzt hat sich auch die Bedrohung einer möglichen Strommangellage in den vergangenen Monaten weiter akzentuiert. Eine zusätzliche Forcierung von Anlagen mit Winterstromverbrauch muss daher auch vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit gesehen werden.

In diesem Zusammenhang gilt es zudem zu betonen, dass die Weltgemeinschaft und auch die Schweiz ein Netto-Null-Emissionen-Ziel anstreben. Sinnvoller wären die Steuermittel daher in effizienten Klimaschutzmassnahmen (z.B. Treibhausgassenken) oder in anderen Projekte investiert, um nicht wirtschaftlich vermeidbare Treibhausgase zu speichern bzw. zu kompensieren.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen

Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 27. und 28. April 2022

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Kommentare

Es wurden noch keine Kommentare verfasst.

Member.HUB