Mit Future Skills und lebenslangem Lernen zum Erfolg

30.09.2022

Welche Berufe verschwinden? Welche neuen entstehen? Und wie sieht die Arbeitswelt von morgen aus? Das haben wir an unserer «Werkstatt Basel» mit Expertinnen und Experten sowie einem interessierten Publikum diskutiert. Dabei zeigte  sich klar: Lebensbegleitendes Lernen sowie die Fähigkeit zu Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritischem Denken gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Sind wir fit für die Arbeitswelt von morgen? Dieser Fragen gingen wir an unserer «Werkstatt Basel» nach. Das Interesse am Thema Zukunftsberufe war gross: Rund 200 Gäste nahmen an unserem interaktiven Anlass im Pathè-Kino in Basel teil, der ganz im Zeichen der rasant fortschreitenden Digitalisierung, der dynamischen Entwicklung von Technologien sowie den sogenannten New Skills stand.

«Wir befinden uns in einer Transformation, die nicht nur die Ausbildung und Berufswahl sondern auch die Berufswelt und letztlich unsere Zusammenarbeit verändern», betonte Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel, eingangs. «Diese Veränderungen verunsichern und bergen Risiken. Sie bieten jungen Menschen, Eltern und unseren Unternehmen aber auch zahlreiche Chancen.»

Am Podium diskutierten Damir Bogdan, Elisabeth Vock, Rolf Felser, André Michel und Frank Pude. Am Podium diskutierten Damir Bogdan, Elisabeth Vock, Rolf Felser, André Michel und Frank Pude.
Technologisierung verändert die Welt

«Die Technologisierung und die Industrie 4.0 nahmen bereits vor zehn Jahren rasant Fahrt auf», hielt Input-Referent Damir Bogdan, CEO Actvide AG und Senior Advisor to uptownBasel, fest. So beeinflussen neue Technologien wie der 4D-Druck oder Künstliche Intelligenz (KI) unser Leben bereits in vielen Facetten. 4D-Drucker können beispielsweise Haut für Transplantationen nachdrucken. Querschnittsgelähmte lernen durch Human Augmentation mit Roboter-Unterstützung wieder laufen. In Basel entwickelt sich uptownBasel zum Quanten- und Artificial Intelligence-Hub. Und in Singapur vergeben Banken, anhand von Mikro-Reaktionen, die beim Eintritt in die Filiale mit KI erfasst und analysiert werden, Kredite.

Mit Out-of-the-Box-Ideen in die Zukunft

«Die Technisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt ist bereits Realität. Sie ist wie die Luft zum Atmen und erfordert ein Umdenken», bekräftigte Bodgan. «Wir befinden uns mitten in der nächsten Industriellen Revolution. Seit der ersten haben sich nicht nur Arbeitsprozesse verändert, sondern auch die Arbeitszeit hat sich kontinuierlich reduziert.» Denkt man diese Entwicklung weiter, so ist in Zukunft sogar eine 15-Stunden-Woche denkbar. Diese Entwicklungen bringen tiefgreifende Veränderungen mit sich: Durch die Digitalisierung werden bestimmte Berufe schlicht nicht mehr gebraucht. Das betreffe insbesondere geistige Routinearbeiten wie die Buchhaltung. Auch Unternehmen, die sehr hierarchisch organisiert sind und nicht auf diese soziokulturellen Veränderungen reagieren, werden es in Zukunft schwer haben.

Um negative Folgen abzufedern, müssten neue Arbeitszeitmodelle wie hybrides Arbeiten diskutiert werden, so Bogdan: «Diese Entwicklungen forcieren einen Wandel von einer Erwerbsanteil-Gesellschaft zu einer Sinn-Gesellschaft, welche den Mehrwert ihrer Arbeit mehr in den Fokus stellt.»

Damir Bogdan Damir Bogdan warf in seinem Input-Referat einen Blick zurück in die Wirtschaftsgeschichte und wagte einen Ausblick in die Zukunft.
Kreativ, sozial kompetent und lösungsorientiert

Im Zuge der Podiumsdiskussion mit Elisabeth Vock, Head HR Switzerland Syngenta Crop Protection AG, Rolf Felser, Bereichsleiter Zentrum für Berufsentwicklung Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung, André Michel, Geschäftsführer Schweiz von DHL Global Forwarding, Freight. und Frank Pude, Leiter Aus- und Weiterbildung Hochschule für Life Sciences FHNW, kristallisierte sich eine weitere Entwicklung ab: Die sogenannten New Skills – dazu zählen Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken – und das lebensbegleitende Lernen gewinnen neben fundierten theoretischem beziehungsweise fachlichem Wissen zunehmend an Bedeutung.

«Zielgerichtetes, lösungsorientiertes Arbeiten im Team sowie Flexibilität und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit werden auch in unserem Unternehmen immer wichtiger», betonte Vock. Aufgabe der Unternehmen müsse es sein, die Inhalte von Berufsbildungen an die künftigen Anforderungen anzupassen und nach Möglichkeit, neue Entwicklungen bereits vorwegzunehmen, so Vock.

Backing Aus dem Backing brachten sich Karin Vallone, Leiterin Bildung Handelskammer beider Basel, Patrick Bossard, Leiter Berufsbildung ETAVIS Kriegel + Schaffner AG, Larissa Debrunner, Studentin International Business Management, und Dennis Faller, Chemielaborant in Ausbildung bei Syngenta Crop Protection AG, mit ihren Erfahrungen ein.

Felser lobte in diesem Zusammenhang das duale Bildungssystem der Schweiz, das weltweite Anerkennung geniesst und bei dem Unternehmen entscheiden, was ausgebildet wird: «Damit kommen Leute auf den Markt, die den Anforderungen der Wirtschaft gerecht werden.» Das Berufsbildungssystem reagiert auf diese Entwicklungen. 150 Berufe werden aktuell geprüft. Pude ergänzte, dass sich auch die Ausbildung an der FHNW «on the fly» weiterentwickelt und immer mehr auf die Anforderungen der Industrien als spätere Arbeitgebende der Studierenden Rücksicht nimmt.

Michel betonte, dass die Entscheidung über die Berufsbildung auch eine kulturelle Frage und eine Frage der Sozialisierung sei: «Junge Menschen schlagen einen Berufsweg aus verschiedensten Motiven ein: Sie folgenden den Erwartungen ihres Umfeldes, entscheiden sich aus Prestigegründen gegen ihr Interesse oder kennen schlicht ihre Fähigkeiten zu wenig.» Auch dieser Tatsache käme die Durchlässigkeit des Bildungssystems zugute. Diese macht es möglich, erst zu studieren und dann eine Lehre zu absolvieren oder – umgekehrt - nach einer Berufsausbildung eine akademische Karriere anzustreben.

Lernen fürs Leben

Im Gespräch zeigte sich klar, dass vor dem Hintergrund des demographischen Wandels lebenslanges Lernen an Bedeutung gewinnt. «Das setzt die Bereitschaft voraus, sich über das ganze Berufsleben hinweg mit neuen Entwicklungen auseinanderzusetzen und Neues zu lernen. Ein Automechaniker muss nicht nur sein Handwerk beherrschen, sondern auch neue Techniken wie die Automatisierung verstehen lernen», betonte Felser.

Publikum Im Publikum waren auch Schülerinnen und Schüler, die sich aktiv in die Diskussion einbrachten.

Mitarbeitende sind schon jetzt gefordert, sich kontinuierlich an die Veränderungen ihres Berufs anzupassen und sich weiterzubilden, so Vock: «Die Unternehmen müssen im Gegenzug ihren Mitarbeitenden diese Weiterbildung ermöglichen und sie entsprechend ihren Interessen und Stärken fördern.» Pude ergänzte, dass Weiterbildung aber auch viel Zeit koste und die Zukunft in gestaffelten und kürzeren Ausbildungen liege: «Unternehmen fördern mit Mikrokredits zunehmend kürzere Weiterbildungen und ermöglichen Mitarbeitenden damit am Ball zu bleiben.»

Bodgan sieht in Hinblick auf den demografischen Wandel eine grosse Chance im Wissenstransfer: «Ältere Mitarbeitende bringen viel Erfahrung und Wissen mit und können als Mentoren wirken. Die Alten und Weisen müssen sich mit den Jungen und Wilden austauschen – das gibt Dynamik und schafft neue Möglichkeiten.»

Herzblut und Leistungsbereitschaft als Erfolgsgarant

Die Arbeitswelt ist im Wandel und verlangt jungen Menschen, Mitarbeitenden und Unternehmen viel ab, betonte Dätwyler abschliessend. Daher ist es wichtig, schon heute die Weichen zu stellen und die Rahmenbedingungen so anzupassen, dass Menschen und Wirtschaft Schritt halten können. Einige Dinge werden sich aber auch in Zukunft nicht verändern und ihre Gültigkeit behalten: «Wer seine Begabungen kennt, seinen Interessen folgt, investiert viel lieber seine Zeit und sein Herzblut und ist damit erfolgreicher. Denn letztlich zählen in der Wirtschaft die Leistung und das Resultat.»

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