Werkstatt Basel «Schweizer Aussenwirtschaft in stürmischen Zeiten»

21.09.2023

Wie können wir sicherstellen, dass sich die Schweizer Exportunternehmen auch in Zukunft erfolgreich auf den internationalen Märkten behaupten können? Diese und ähnliche Fragen bildeten den Ausgangspunkt für die fesselnde Podiumsdiskussion, die wir am 14. September 2023 im Scala Basel veranstaltet haben. Hochkarätige Expertinnen und Experten aus Politik und Wirtschaft erörterten die aktuellen Herausforderungen und Möglichkeiten der Schweizer Aussenwirtschaft.

Europa muss Priorität bleiben

Ein zentrales Anliegen der Diskussion waren die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. Die Sprechenden waren sich einig, dass die Europapolitik die höchste Priorität der Schweizer Aussenwirtschaft verdiene. Ein reibungsloser Zugang zu den 500 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten des EU-Binnenmarkts sei für Schweizer Firmen zentral. Zwar hätten die USA vor kurzem Deutschland als wichtigsten Absatzmarkt für Schweizer Unternehmen überholt, die EU bleibe aber mit Abstand der relevanteste Markt. Thomas Hafen, CEO Bühlmann Labs erklärte, dass Europa für seine Firma der Heimmarkt sei. Handelskammer-Präsidentin und Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter drückte ihre Verwunderung darüber aus, dass im Wahlkampf das Thema Europa oft gemieden wird. Dabei sei dieses für unsere Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Zum aktuellen Stand der Beziehungen mit der EU zeigte sich Staatssekretärin Helene Budliger Artieda verhalten positiv. Man stehe an einem anderen Ort als noch vor zwei Jahren beim Ende der Verhandlungen zum Rahmenabkommen. Die regelmässigen Gespräche mit den Sozialpartnern und den Kantonen hätten dazu beigetragen, die Sondierungen mit der EU voranzubringen. Wie die Mehrheit des Publikums ist auch sie zuversichtlich, dass nach den Parlamentswahlen im Herbst eine Lösung in der Europapolitik ansteht.

Sanktionspolitik: Die Schweiz steht gut da

Staatssekretärin Budliger Artieda sprach auch über die Schweizer Sanktionspolitik in Bezug auf den Ukrainekrieg. «Die Schweiz setzt die Sanktionen vorbildlich um, das Ausland schätzt sie für ihre aktive Rolle. In der Medienberichterstattung geht das unter.»
Alberto Silini, Senior Director Global Consulting bei Switzerland Global Enterprise machte ergänzend auf die schwierige Lage aufmerksam, in der Schweizer Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen oder Tochtergesellschaften in Russland seien. Sie fühlten sich sowohl ihren Angestellten in Russland als auch den Sanktionen gegenüber verpflichtet. Roman Mazzotta, Länderpräsident Syngenta Schweiz, forderte, dass die Politik sich der Konsequenzen ihres Handelns mehr bewusst sein müsse und auch Verantwortung übernehmen sollte – beispielsweise, wenn wegen Sanktionen der Getreidepreis steigt. Eine Abstimmung im Publikum zeigte, dass die Mehrheit mit der derzeitigen Sanktionspolitik der Schweiz zufrieden ist.

Freihandelsabkommen unter schweren Bedingungen

«Die Zeiten des unbeschwerten Freihandels sind vorbei», erklärte Budliger Artieda. Mögliche Handelspartner wie Indien und Brasilien seien anspruchsvoller geworden. Auch die Schweiz stelle hohe Anforderungen, insbesondere im Bereich des Landwirtschaftsschutzes, des geistigen Eigentums und bei der Nachhaltigkeit. Dies mache Verhandlungen äusserst herausfordernd. Die Idee, dass die Schweiz ihre hohen Nachhaltigkeitsstandards versucht Verhandlungspartnern aufzubürden, stiess beim Podium und im Publikum auf Kritik. Andere Länder hätten ihre eigenen Vorstellungen von Nachhaltigkeit und wehrten sich gegen Bevormundungsversuche. Schneider-Schneiter betonte, dass Nachhaltigkeitsaspekte dennoch entscheidend seien, wenn wir in Zukunft Volksabstimmungen über Freihandelsabkommen gewinnen möchten. Die Staatssekretärin erklärte, dass es zurzeit positive Zeichen aus Indien gäbe, wonach der Abschluss eines Freihandelsabkommens in Griffweite rücke. Auch mit dem Mercosur möchte der Bundesrat die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen bald zu Ende bringen.

Regulierungswelle

Weiter thematisierten wir die zunehmende Regulierung, insbesondere aus der EU. Schweizer Unternehmen sehen sich dieser Welle aus EU und einzelnen Mitgliedsstaaten ausgesetzt. Immer neue Vorschriften führen zu einem bürokratischen Papierkrieg von fragwürdigem Nutzen. Schneider-Schneiter drückte ihre Sorge aus, dass auch in der Schweiz der Politik zunehmend das Verständnis für Unternehmen fehle und neue Bestimmungen häufig in die falsche Richtung gingen. Unternehmen seien ohnehin oft der Politik weit voraus, was Lösungen für den Klimaschutz betrifft. Mazzotta bestätigte: «Ohne die Unternehmen werden wir die Klimaprobleme nicht lösen.»

Herausforderungen und Hoffnungen

Die Diskussion zeigte, dass die Herausforderungen für die Schweiz und ihre Unternehmen gross bleiben. Dennoch gibt Elisabeth Schneider-Schneiter Hoffnung: «Ich bin zuversichtlich, dass der Bundesrat bis Ende des Jahres ein Mandat für Verhandlungen mit der EU beschliessen wird.» Zudem sehen wir Fortschritte bei den Freihandelsabkommen mit Indien, Mercosur, Thailand und Vietnam. Die Schweiz muss sich in dieser Zeit des Wandels weiterhin anpassen und flexibel bleiben, um ihre Position in der globalen Wirtschaft zu stärken.

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