Mobility-Pricing: Ja zu Pilotprojekten – aber nicht so

14.05.2021

Die Handelskammer beider Basel sieht im Mobility-Pricing ein mögliches marktwirtschaftliches Instrument, um Verkehrskapazitäten zu managen. Verkehrsspitzen beim ÖV und MIV können mit Kostenanreizen gebrochen werden. Neben einem Ausbau der Infrastruktur, könnte so den steigenden Mobilitätsbedürfnissen und Transportleistungen in der Schweiz effektiv begegnet werden. Die Handelskammer begrüsst deshalb eine gesetzliche Grundlage für Pilotversuche, lehnt jedoch den aktuellen Vorschlag des Bundesrats hierfür als ungenügend ab.

Die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung und die Logistikströme nehmen in der Schweiz seit Jahren stetig zu. Schon heute sind die Kapazitäten auf Strasse und Schiene während der Spitzenzeiten – insbesondere am Morgen und am Abend – immer wieder überschritten. Flexiblere Arbeitszeiten und -formen werden dem zwar längerfristig entgegenwirken, vor dem Hintergrund insgesamt steigender Mobilität müssen wir aber neue Wege gehen, um mit dem knappen Gut «Kapazität» effizient umzugehen.

Mobility-Pricing als markwirtschaftlicher Lösungsansatz

Die Handelskammer beider Basel sieht das Mobility-Pricing als einen marktwirtschaftlich wirksamen Lösungsansatz, um Verkehrsspitzen zu brechen und die Kapazitäten effizienter zu nutzen. Zusätzlich erhöht es die Kostenwahrheiten sowohl beim öffentlichen (ÖV) wie auch beim motorisierten Individualverkehr (MIV).

Was geklärt werden muss

Gerade die Region Basel ist als dynamische Wirtschaftsregion durch den steigenden Verkehr und ihre Lage besonders herausgefordert. «Dass unsere Region als Gateway der Schweiz für Menschen und Güter weiterhin gut zu erreichen ist, hat für uns oberste Priorität», so Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel. «Gleichzeitig ergeben sich durch die geografische Lage im Dreiländereck auch Besonderheiten bei der Umsetzung von Pilotprojekten im Mobility-Pricing.» Im Falle der dichten und trinationalen Region Basel, müssen diese die Zustimmung sämtlicher potenziell betroffener Gebietskörperschaften erhalten, um genehmigungsfähig zu sein. Die initiierende Gebietskörperschaft muss diese Zustimmung vorab proaktiv einholen.

Mobility-Pricing für ÖV und MIV

«Damit das Mobility-Pricing möglichst effizient umgesetzt werden kann, sollten die Prinzipien «pay as you use» und «Kompensation» weiterverfolgt und sich auf das Managen von Kapazitäten fokussiert werden», erläutert Dr. Sebastian Deininger, Leiter Verkehr, Raumplanung, Energie und Umwelt der Handelskammer beider Basel. «Weiter muss neben dem MIV zwingend auch der ÖV nach diesem Ansatz beurteilt und die Höhe der Mobility-Pricing-Abgabe plausibel festgelegt werden. Diese Tarife sollten ausserdem so dynamisch wie möglich gestaltet werden, um die Nachfragespitzen nicht nur zu verlagern, sondern effektiv zu reduzieren.» Ein drohendes reines «Road-Pricing durch die Hintertüre» gilt es in jedem Falle zu verhindern. Dazu muss das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation die Pilotprojekte in einer Gesamtschau prüfen und sicherstellen, dass beide Verkehrsformen gleich vertreten sind und so eine repräsentative Grundlage zur Evaluation resultieren kann.

Keine Vermischung mit sachfremden Anliegen

Pilotversuche des Mobility-Pricings sollen nicht dazu verwendet werden können, um sachfremde politische Anliegen umzusetzen. Insbesondere wehrt sich die Handelskammer gegen Ansätze, die nicht dazu dienen Kapazitäten zu managen, sondern vorwiegend klimapolitische Massnahmen zu implementieren. Dies kann nicht der Sinn von Pilotprojekten sein. Das Bundesamt für Strassen muss dies als Bewilligungsstelle im Falle von Projekten im Bereich des MIV sicherstellen.

Klar ausgewiesen und zeitlich begrenzt

Für die Handelskammer beider Basel ist zudem entscheidend, dass die Pilotversuche von vornherein als solche aufgesetzt werden und nach Ablauf der Frist nicht ohne weitere Legitimation fortgeführt werden können. Dies gilt es explizit festzuschreiben. Vielmehr soll die Analyse der Erkenntnisse eine Auslegeordnung ermöglichen, auf deren Basis dann über weitere, allenfalls permanente Massnahmen diskutiert und entschieden werden kann. Dabei müssen neben dem Spitzenbrechen auch weitere Aspekte in die Beurteilung einfliessen, etwa die soziale Wirkung, Umstrukturierungskosten sowie der Einfluss auf die Standortattraktivität.

Aktuelle Vorlage weist Lücken und Mängel auf

«Mit der aktuellen Vorlage soll eine bislang fehlende gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit Kantone, Städte oder Gemeinden Pilotprojekte für Mobility-Pricing durchführen können, was wir grundsätzlich begrüssen», so Deininger weiter. «Unsere weitreichenden Forderungen zeigen aber auch, dass wir einer Rechtsgrundlage für Pilotprojekte im Mobility-Pricing nicht vorbehaltlos zustimmen können. In der jetzigen Form lehnen wir die Vorlage deshalb ab».

 

Unsere Stellungnahme

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Kommentare

Es wurden noch keine Kommentare verfasst.

Member.HUB