Im Wandel

03.11.2022

Die Geburtenzahlen sinken, die Lebenserwartung steigt. Der demografische Wandel stellt Gesellschaft und Wirtschaft vor Herausforderungen. Welche Risiken, aber auch Chancen er bietet, erläutert Elisabeth Schneider-Schneiter, Präsidentin Handelskammer beider Basel.

Wie trifft der demografische Wandel Unternehmen? 

Er wird unsere Volkswirtschaft in den nächsten Jahren vor grosse Herausforderungen stellen. Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren lag 2015 in der Schweiz noch bei 62 Prozent und wird bis zum Jahr 2035 auf 56 Prozent zurückgehen. Das bedeutet nicht nur, dass für Unternehmen weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Der demografische Wandel verändert auch die Altersstruktur der Konsumentinnen und Konsumenten sowie die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. So wird aufgrund der Alterung das Gesundheitswesen noch mehr an Bedeutung gewinnen. Auch von Anpassungen im Arbeitsmarkt- oder Sozialversicherungsbereich sind Unternehmen direkt betroffen. 

Spitzt diese Entwicklung den Fachkräftemangel weiter zu?

Ja, Fachkräfte werden noch rarer. Doch nicht alle Branchen trifft der demografische Wandel gleichermassen. Stark betroffen ist das Baugewerbe. Ein grosser Teil der Erwerbstätigen in dieser Branche stammt aus der Generation der Babyboomer. Für viele junge Arbeitskräfte haben klassische Handwerksberufe aber leider an Attraktivität verloren. Im Gesundheitswesen fehlen aufgrund der grösseren Nachfrage von Gesundheitsdienstleistungen Ärztinnen und Ärzte, Fachangestellte und Pflegepersonal.

Um dem durch den demografischen Wandel verursachten Fachkräftemangel entgegenzuwirken, muss man sowohl politisch als auch wirtschaftlich gute Rahmenbedingungen setzen, sagt Elisabeth Schneider-Schneiter.

Wie können wir diesem Trend entgegenwirken?

Indem wir die politischen Rahmenbedingungen setzen: Die Erhöhung des Rentenalters ist ein wichtiger Schritt nicht nur für die Sicherung unserer AHV, sondern auch, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dann brauchen wir das richtige Umfeld, damit Frauen im Berufsleben bleiben beziehungsweise rasch wieder einsteigen. Nicht zuletzt stehen wir auch im Wettbewerb um Arbeitskräfte aus dem Ausland. Daneben gibt es aber auch andere wirtschaftliche Rahmenbedingungen, mit welchen Wachstumseinbussen gedämpft werden können: Bildung, Steuern oder auch Lösungen im Europadossier, damit wir im Bereich der Personenfreizügigkeit Sicherheit haben.

Kann der demografische Wandel auch eine Chance sein?

Bei jeder Entwicklung gibt es Gewinner und Verlierer. Die Gewinner werden Unternehmen sein, die sich bereits heute durch eine gezielte Nachwuchsförderung und weitsichtige Personalentwicklung auf den demografischen Wandel vorbereiten. Es werden dies Unternehmen sein, welche die Altersstruktur ihrer Mitarbeitenden kennen und sich bewusst sind, wo sich in den kommenden Jahren Lücken ergeben. Dabei spielt es insbesondere eine Rolle, den Erfahrungsschatz der Mitarbeitenden über 50 und das Potenzial von Frauen effizient zu nutzen.

Im Baselbiet sind heute 22,4 Prozent und in Basel-Stadt 19,8 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt. Rund 7 Prozent sind über 80 Jahren. 2040 werden im Baselbiet 28,3 Prozent und in Basel-Stadt 21,9 Prozent über 65 Jahre sein. Das sind 32'000 zusätzliche Rentnerinnen und Rentner in beiden Kantonen.

Gewinner werden Unternehmen sein, die sich bereits heute auf den demografischen Wandel vorbereiten.

Elisabeth Schneider-Schneiter

Präsidentin Handelskammer beider Basel, Nationalrätin Baselland

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