Mehr Transparenz in der Politikfinanzierung

29.08.2019

Die Handelskammer beider Basel unterstützt Transparenz, wo diese dazu dient, Informationen offenzulegen, die für den Informationsempfänger von Relevanz sind. Bei den vorliegenden Vorschlägen für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung ist dies nicht der Fall. Die Handelskammer lehnt deshalb sowohl die Transparenz-Initiative als auch einen indirekten Gegenentwurf ab.

Ausgangslage

Am 10. Oktober 2017 hat ein Komitee eine Volksinitiative mit dem Titel „Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung" eingereicht. Ziel der Initiative ist es, dass Einnahmen und die Herkunft von Zuwendungen bei Parteien und Komitees künftig offengelegt werden müssen.
Die Staatspolitische Kommission des Ständerates hat beschlossen, der Initiative einen indirekten Gegenentwurf gegenüberzustellen, der wesentliche Elemente der Initiative aufnehmen und auf Gesetzesstufe verankern soll.

 

Anliegen
Grundsätzliche Überlegungen

Als Wirtschaftsverband ist der Handelskammer beider Basel Transparenz wichtig. Transparenz ist jedoch kein Selbstzweck. Sie dient dazu Informationen offenzulegen, die für den Informationsempfänger relevant sind. Sie darf dabei aber nicht zur Scheintransparenz verkommen. So wird den Wahl- und Stimmberechtigten beispielsweise ein falsches Bild vermittelt, wenn nur ein Teil der Informationen über Politikfinanzierung offengelegt wird.
Wie der Bundesrat in seiner Botschaft zur Transparenz-Initiative festgehalten hat, bietet eine Offenlegung der Finanzierung von Abstimmungs- und Wahlkämpfen keinen wesentlichen Mehrwert. Die Handelskammer teilt diese Haltung. Die Wirksamkeit solcher Transparenzregeln konnte bisher, wie die Kommission in ihrem Bericht einräumen muss, nicht nachgewiesen werden.
Demgegenüber weist das Vorhaben jedoch erhebliche Risiken für das politische System der Schweiz auf. Die Handelskammer lehnt deshalb Transparenzregelungen, wie sie die Initiative und der indirekte Gegenentwurf vorsehen, schon aus grundsätzlichen Überlegungen ab.


Unstatthafter Vergleich mit dem Ausland

Vergleiche mit Ländern wie Deutschland oder Frankreich sind nicht statthaft, weil diese eine grundlegend andere politische Struktur aufweisen. In den beiden genannten Ländern stellt die staatliche Parteienfinanzierung die wichtigste Einnahmequelle für die Parteien dar. Damit befinden sich die dortigen Parteien in einer kritischen finanziellen Abhängigkeit zum Staat, obwohl eine ihrer Hauptfunktionen dessen Kontrolle ist. Zudem bestehen Anreize, die Finanzierungsregeln so auszugestalten, dass die sich an der Macht befindlichen Parteien davon überproportional profitieren.
Diverse Skandale betreffend Parteifinanzierung, die sich in den letzten Jahren in den genannten Ländern ereignet haben, zeigen auf, dass ein solches staatliches Finanzierungssystem nicht zu weniger, sondern zu mehr Problemen führt. Sie führen also nicht zu einer Beendigung der Diskussion über Politikfinanzierung, sondern verlagert das Diskussionsfeld nur.
Weil klare und trennscharfe Regelungen nicht möglich sind, kommt es immer wieder zu Vorfällen im Graubereich, die (teils politisch motiviert) für öffentliche Diskussionen sorgen, selbst wenn sie letztendlich nur den Bereich des Erlaubten maximal ausreizen. Dies ist für die Schweiz nicht wünschbar, weil die Politik an solchen Diskussionen unnötigerweise nachhaltig Schaden nimmt. Zudem binden diese Diskussionen Ressourcen, die für die wirklich relevanten politischen Geschäfte fehlen, ohne wirklich für einen Mehrwert zu sorgen.


Schaden für das Milizsystem

Das politische System der Schweiz baut ganz wesentlich auf dem Milizprinzip auf. Die vorgesehene Regelung würde zwangsläufig zu einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand und erhöhte Kosten verursachen. Abgrenzungsprobleme sind bereits jetzt absehbar. Ehrenamtlich engagierte Milizpolitikerinnen und -politiker müssten sich deshalb in ihrer Freizeit vermehrt mit unnötiger Bürokratie beschäftigen, statt ihre Zeit ihrer politischen Tätigkeit widmen zu können. Es ist offensichtlich, dass dies zu einem Verdruss führt, der den Mangel an Milizpolitikerinnen und -politikern weiter verschärfen wird.
Unvollständige Abbildung der politischen Realität

Beschränken sich die Transparenzregelungen auf Einnahmen und Zuwendungen, wird ein wesentlicher Teil der Politikfinanzierung ausser Acht gelassen. So plädieren Wirtschaftsverbände immer wieder dafür, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden die notwendigen Freiräume zur Verfügung stellen, um ein politisches Amt auszuüben. Und gerade Interessenverbände und Gewerkschaften stellen ihren Mitarbeitenden häufig Zeit und Infrastruktur für ein politisches Amt zur Verfügung.
Nimmt man Transparenz ernst und will man verhindern, dass ein falsches Bild der Politikfinanzierung vermittelt wird, müssten auch diese Leistungen erfasst und offengelegt werden. Dies würde es für Arbeitgeber jedoch deutlich unattraktiver machen, ihren Mitarbeitenden Zeit oder Infrastruktur für ihr politisches Engagement bereitzustellen. Es ist offensichtlich, dass es zu enormen Abgrenzungsproblemen kommen würde. Im Ergebnis sinkt die Bereitschaft von Arbeitgebern, eine Miliztätigkeit ihrer Mitarbeitenden zu dulden oder gar zu fördern. Damit nähme das politische System der Schweiz nachhaltigen Schaden.

 

Zum Gesetzesentwurf

Zusätzlich zur grundlegenden Kritik weist der vorliegende Gesetzesentwurf erhebliche Schwächen auf:

1. Schwelle für Offenlegungspflicht

Art. 76c Abs. 1 E-BPR sieht einen Offenlegungspflicht vor, wenn mehr als 250'000 Franken für eine Wahl in den Nationalrat oder eine eidgenössische Abstimmung aufgewendet werden.
Eine einheitliche Betragsgrenze für die ganze Schweiz stellt eine grobe Verfälschung der Transparenzvorschriften dar. So ist in einem grossen Flächenkanton wie Zürich oder Bern ein ernsthafter Wahlkampf unter dieser Schwelle kaum denkbar, während in anderen Kantonen diese Schwelle praktisch nie erreicht wird. Damit sind die Voraussetzungen faktisch ungleich.

2. Begriff der „gemeinsamen Kampagne"

Der Begriff der „gemeinsamen Kampagne" nach Art. 76c Abs. 4 E-BPR stellt eine Regelung dar, die in der Praxis kaum handhabbar ist.
Beispielhaft sei eine Nationalratskampagne angeführt, wo eine Kantonalpartei eine Gesamtkampagne führt, bei der auch ein einzelner Kandidat beworben wird. Auch die Bezirks- oder Ortspartei des Kandidaten engagiert sich im Wahlkampf für ihn. Gleichzeitig führt dieser Kandidat eine persönliche Wahlkampagne. Dieser Wahlkampf über drei Ebenen kann kaum als „gemeinsame Kampagne" verstanden werden, zumal diese nicht immer aufeinander abgestimmt sind. Auch ist es praktisch unmöglich, genau abzugrenzen, welcher Betrag der Parteikampagne zu Gunsten eines einzelnen Kandidaten eingesetzt wurde.

3. Fristen der Offenlegungspflicht

Art. 76d Abs. 1 lit. b E-BPR sieht vor, dass nebst einer Schlussrechnung 60 Tage nach den Wahlen auch ein Budget 45 Tage vor den Wahlen vorzulegen ist. Auch diese Regelung zeigt den Konflikt zwischen den vorgesehenen Transparenzregeln und dem Schweizerischen Milizsystem auf. So muss eine Milizorganisation dadurch innerhalb von etwas über 100 Tagen den Behörden zwei verschiedene Berechnungen vorlegen. Und dies erst noch in einer Phase kurz vor einer Wahl oder Abstimmung, wo die zeitliche Belastung ohnehin schon am höchsten ist.
Auch die vorgesehene Frist von 60 Tagen nach den Wahlen wäre zu kurz. Bei eidgenössischen Gesamterneuerungwahlen kommt es regelmässig zu zweiten Wahlgängen für den Ständerat. Es ist nicht angebracht, den betroffenen Parteien in dieser intensiven Zeit noch eine zusätzliche administrative Belastung aufzuerlegen.

 

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