Stellungnahme zur Landratssitzung vom 16. November 2023

16.11.2023

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu den diversen Traktanden der Landratssitzung vom 16. November 2023 Stellung.

Traktandum 12: Keine boden- und landschaftsfressenden Überklassifizierungen; 2021/188; Vorlage

Das Postulat fordert, dass Strassen möglichst niedrig klassifiziert werden, beim standardmässigen Strassenausbau eine Interessenabwägung stattfindet und die Versickerungsfähigkeit bei «Nebenklass-Strassen» eine hohe Priorität erhält.

Die Handelskammer stimmt darin überein, dass Verkehrsinfrastruktur nachfrageorientiert ausgebaut wird, jedoch könnte gemäss unserer Einschätzung eine Annahme dieses Vorstosses zu einer unangemessenen Einschränkung der Infrastrukturentwicklung führen.

Die Region Basel verzeichnet – trotz Pandemie – steigende Mobilitätsbedürfnisse. Ein funktionierendes Strassennetz und eine adäquate Verkehrsanbindung sind für die Standortattraktivität und die wirtschaftliche Entwicklung – gerade von entlegeneren Gebieten – von grosser Bedeutung. Eine Verzögerung und Einschränkung der Infrastruktursanierung durch langwierige Interessenabwägungen und allfällige neue Regulierungen hätte direkte Folgen für den Wohlstand der Region. Aus diesen Gründen lehnt die Handelskammer das Postulat ab.

Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und das Postulat nicht zu überweisen.

Traktandum 14: Multichecks versus S3-Check; 2022/70; Vorlage

Die Handelskammer beider Basel hat sich seit Einführung der Checks dafür eingesetzt, dass diese früher oder später die Multichecks ablösen können. Dafür müssen Ausbildungsbetriebe informiert werden, um die Checks richtig zu lesen und zu interpretieren. Die Schulchecks sind wissenschaftlich fundierte Leistungstests und zeigen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler in einem hohen Detaillierungsgrad auf. Die Multichecks hingegen stehen immer wieder in der Kritik – einerseits, weil es keine Auswertung der Resultate gibt (Intransparenz), das Resultat von der Tagesform abhängig ist, aber auch wegen der hohen Kosten, die von den Schülerinnen und Schüler selbst getragen werden müssen. Eine Kongruenz zwischen Schulchecks und Multichecks ist daher nicht wünschenswert. Bei vielen Ausbildungsbetrieben ist der Check S2 schon jetzt fixer Bestandteil bei der Rekrutierung von zukünftigen Lernenden. Bis sich dieses Instrument flächendeckend etabliert, wird jedoch noch etwas Zeit benötigt. Die Übernahme der Kosten für Multichecks wird diesen Prozess verlangsamen und ist daher abzulehnen.

Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und das Postulat abzuschreiben.

Traktandum 24: Förderung Batteriespeicher; 2023/302 und Traktandum 25: Kombinierte Investitionen in CO2-arme Systeme zusätzlich belohnen; 2023/303

Die Vorstösse 2023/302 und 2023/303 betreffen dasselbe Themenfeld und werden im Folgenden gemeinsam abgehandelt:

Zur Erreichung der Klimaziele sind die Bereiche Gebäude und Energieerzeugung zentral. Es ist deshalb wichtig, dass dort effiziente und zukunftsgerichtete Instrumente zum Einsatz kommen. Diese müssen marktnahe Anreize zur Anwendung moderner, klimafreundlicher Technologien setzen. Eine solche Technologie sind PV-Anlagen. Um diese wirtschaftlich zu betreiben, ist der Eigenverbrauch essenziell. Es gilt dabei (ceteris paribus): Je mehr vom selbst produzierten Strom selbst verbraucht wird, desto rascher ist die PV-Anlage amortisiert. Um den Eigenverbrauchsgrad zu steigern, ist ein Batteriespeicher eine logische Erweiterung. Ein Batteriespeicher erhöht aber nicht nur den Eigenverbrauchs- und Autarkiegrad, er kann perspektivisch auch Spitzenlasten bei sehr viel Solarstromproduktion oder andersherum bei grosser Stromnachfrage glätten und trägt so zur Stabilisierung der Stromnetze bei.

Durch die Elektrifizierung der Wärmeproduktion bei Gebäuden (beispielsweise in Form von elektrischen Wärmepumpen), erhöht sich der Bedarf nach klimafreundlichem Strom. Es ergibt deshalb Sinn, Anreize zu setzen, dass bei Investitionen in Wärmepumpen zusätzlich zeitnah in die Produktion von erneuerbaren Energien (insbesondere PV-Anlagen) investiert wird. Auch die Kombination von PV-Anlagen und die Nutzung von Elektro-Fahrzeugen ergibt Sinn, da die Energie der PV-Anlage für den Betrieb des Fahrzeugs und gleichzeitig das Fahrzeug als Energiespeicher für die PV-Anlage genutzt werden kann.

Die Handelskammer sieht die oben beschriebenen Technologien/Kombinationen a priori als sinnvoll an und begrüsst die Forderung, dass eine spezifische Förderung geprüft wird. Dafür sollen jedoch bereits bestehende Fördergefässe verwendet und gesprochene Mittel neu alloziert werden. Dies kann zum Beispiel im Ersatz von Technologien geschehen, die nicht mehr zeitgemäss sind oder kaum nachgefragt werden.

Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und beide Postulate zu überweisen.

Traktandum 44: Klimastrategie: Technologieoffenheit statt Verbote und Vorschriften; 2023/451; Postulat von Christine Frey

Die Handelskammer beider Basel hat sich in der Vernehmlassung zur Klimastrategie umfassend eingebracht (Stellungnahme der Handelskammer). Wir unterstützen die im Postulat vorgebrachten Anliegen, insbesondere, dass Anreizsysteme statt Verbote und Pflichten im Vordergrund stehen, die Technologieoffenheit und die Versorgungssicherheit sichergestellt sind und dem Markt möglichst grosse Handlungsspielräume gelassen werden, um innovative Lösungen zur Erreichung der Klimaziele zu finden.

Wir bitten Sie, das Postulat zu überweisen.

Traktandum 45 und 46: Einführung eines Vorkaufrechts für Grundstücke zur Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden im Gewerbemarkt; 2023/453; Motion von Thomas Noack; Einführung eines Vorkaufrechts für Grundstücke zur Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden im Wohnungsmarkt; 2023/456; Motion von Thomas Noack

Wir lehnen die beiden Motionen aus ordnungspolitischen Gründen dezidiert ab. Vorkaufsrechte, wie sie in den beiden Vorstössen gefordert werden, würden zu Marktverzerrungen führen und stellen einen Eingriff in das Privateigentum dar. Die Gemeinden haben bereits heute bei der Förderung von preisgünstigem Wohnraum sowie bei den Anforderungen an Gewerbezonen die notwendigen Instrumente zur Hand. Ein so einschneidendes Mittel, wie es ein Vorkaufsrecht ist, kann deshalb nicht als verhältnismässig betrachtet werden. Wie der Regierungsrat schreibt, würde ein Vorkaufsrecht zudem zu grossen Unsicherheiten und potenziell zu Verzögerungen führen, da die Kompetenz zum Erwerb von Grundstücken der Gemeindeversammlung zukommt.

Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und die Motionen nicht zu überweisen.

Traktandum 48: Verfahrensbeschleunigung: Strom aus erneuerbarer Energie; 2023/460; Motion von Rolf Blatter

Die geltenden Planungs- und Genehmigungsverfahren für Energieinfrastrukturen zeichnen sich häufig durch langwierige und teilweise ineffiziente Prozesse aus. Dies ist nicht nur Folge ihrer Komplexität, sondern auch der geltenden Prozessabläufe.

Zur Sicherstellung der Energieversorgungssicherheit sowie zur Erreichung der nationalen und kantonalen Klimaziele ist ein beschleunigter und effizienter Ausbau der erneuerbaren Energien zwingend – auch im Kanton Basel-Landschaft.

Die vorliegende Motion fordert eine Überprüfung der bestehenden Prozessabläufe auf Optimierungs- und Beschleunigungsmöglichkeiten, die in der Kompetenz des Kantons liegen. Analog dem sogenannten Beschleunigungserlass des Bundesrates vom Juni 2023, soll die Einführung eines kantonalen Plangenehmigungsverfahrens geprüft werden, mit dem sämtliche Bewilligungsverfahren zusammengeführt werden. Damit soll verhindert werden, dass nach jeder einzelnen Planungsphase erneut Einsprache erhoben werden kann. Es ist jedoch fraglich, inwiefern eine zusätzliche kantonale Regelung notwendig ist, da die Bundesnorm bereits entsprechende Verpflichtungen für die Kantone enthält.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 49: Schluss mit automatischen Steuererhöhungen – Ausgleich der warmen Progression; 2023/458; Postulat der FDP-Fraktion

Das Postulat fordert, die Auswirkungen der warmen Progression auf die Steuereinnahmen des Kantons in den letzten 10 Jahren zu prüfen und diese im Rahmen der geplanten Einkommenssteuerreform zu kompensieren.
Die im Steuergesetz festgelegte Progression legt die relative Verteilung der Steuerlast zwischen den verschiedenen Einkommensgruppen fest. Die warme Progression unterläuft diesen demokratisch abgestützten Entscheid. Weil mit steigendem Einkommen auch die Progression ansteigt, wird die durch Produktivitätswachstum erzielte Kaufkraftsteigerung vom Staat überproportional abgeschöpft. Konkret: Eine Analyse der Denkfabrik Avenir Suisse hat ergeben, dass die Reallöhne von 2010 bis 2020 im Schnitt um 8,4 Prozent angestiegen sind. Aufgrund der warmen Progression ist es aber zu einer höheren Steuerbelastung von rund 16 Prozent gekommen. Dies trifft nicht die hohen Einkommen, die ohnehin schon den maximalen Steuersatz bezahlen, sondern insbesondere die mittleren Einkommen.
Der Regierungsrat hält in seiner ablehnenden Stellungnahme fest, dass bei einem automatischen Ausgleich der warmen Progression ein geringerer finanzpolitischer Spielraum für Änderungen des Steuersystems beziehungsweise der Staatsaufgaben bestünde. Damit gesteht er indirekt ein, dass die warme Progression zu Mehreinnahmen für den Kanton führt. Auf mögliche Steuerreformen zu verweisen, mit denen man das korrigieren könne, ist fragwürdig. Zum einen sollte man die Steuergesetze so ausgestalten, dass es gar nicht erst einer Korrektur bedarf. Zum anderen glichen Steuerreformen der Vergangenheit nicht einfach die warme Progression aus, sondern wurden aus politischen Gründen mit verschiedensten weiteren politischen Anliegen angereichert.

Schliesslich ist, soweit der Regierungsrat auf wachsende Ansprüche an den Staat verweist, festzuhalten, dass bei zusätzlichen Staatsausgaben gerade eben deren ordentliche Finanzierung aus dem Staatshaushalt mitgedacht werden muss.

Wir bitten Sie, das Postulat an den Regierungsrat zu überweisen und nicht abzuschreiben.

 

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