Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 18. und 19. Oktober 2023

13.10.2023

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzungen von Mittwoch,18. Oktober und Donnerstag, 19. Oktober 2023 Stellung.

Traktandum 6: Bericht der BRK zum Bericht des Regierungsrates betreffend Kantonale Volksinitiative «Hafen für alle - Freiräume statt Luxusprojekte!»

Die Schweizerischen Rheinhäfen sind der einzige Meeranschluss der Schweiz und für den Logistikcluster der Region Basel eine unverzichtbares Schlüsselinfrastruktur. Die Handelskammer beider Basel ist klar der Meinung, dass die Initiative die Entwicklung des Hafenareals zu stark einschränken würde. Der Gegenvorschlag lässt hier zwar mehr Spielraum und ermöglicht eine dynamische Entwicklung. Es gibt aber auch hier noch einige Punkte, welche aus Sicht der Wirtschaft geändert werden müssen. So erachten wir es als nicht sinnvoll auf dem Westquai einzelne Wohnungen anzubieten. Wohnen ist mit einem räumlich immer konzentrierteren und daher intensiveren Hafenumschlag, nach wie vor dem Hauptzweck des Hafens, nicht vereinbar. Gewerbliche Nutzung, insbesondere hafenaffines Gewerbe, passt hingegen hervorragend in diese Umgebung und stärkt den Logistikcluster. Eine kulturelle Nutzung muss nicht explizit ausgeschlossen sein, sofern sie die eigentliche Hafennutzung nicht einschränkt, ist jedoch stets nachrangig zu behandeln.
Wohnen soll auf dem Klybeckareal möglich sein, wo eine räumliche Trennung der häufig nicht miteinander vereinbaren Nutzungen Wohnen und gewerblich-industrielles Arbeiten, gegeben ist. Doch hier droht das Wohnen aufgrund der 50 Prozent öffentlicher Grün- und Freiflächen inklusive Naturwerte entschieden zu kurz zu kommen. Basel ist dringend auf zusätzlichen Wohnraum angewiesen. Entsprechend ist in diesem Bereich, wie von der BRK vorgesehen, eine möglichst hohe Nutzungsdichte anzustreben.
Zu guter Letzt stellt sich die Frage, ob die nun angestrebte Lösung wirtschaftlich tragbar ist. Im Endeffekt bleiben nur 50 Prozent Nutzfläche und diese sollen in Kostenmiete angeboten werden. Auf Flächen, welche im Besitz des Kantons sind, ist dies grundsätzlich sinnvoll. Jedoch bleibt wenig effektiv nutzbare Fläche, welche auch Erträge abwirft. Den hohen Investitionen in die Erschliessung stehen also geringe Einnahmen gegenüber.

Wir bitten Sie, die Initiative und den Gegenvorschlag abzulehnen.

Traktandum 13: Motion 1 Erich Bucher wirksame Entlastung der Basler Steuerzahlerinnen und Steuerzahler

Die Motion fordert eine Senkung der drei Einkommenssteuertarife um je einen Prozentpunkt. Damit soll die steuerliche Attraktivität des Kantons Basel-Stadt weiter verbessert werden. Die überaus deutliche Annahme des Steuerpakets am 12. März 2023 hat gezeigt, dass die Bevölkerung angesichts anhaltend hoher Überschüsse eine steuerliche Entlastung wünscht.
So hat die Ende September publizierte zweite Hochrechnung gezeigt, dass auch in diesem Jahr mit einem Überschuss in dreistelliger Millionenhöhe gerechnet wird. Die Prognose liegt 151 Mio. Franken über Budget, was dem Muster der letzten mehr als zehn Jahre entspricht. Für das Budget 2024 rechnet der Regierungsrat mit einem Überschuss von 52 Mio. Franken, dies bereits unter Berücksichtigung des Steuerpakets im Umfang von 88 Mio. Franken. Eine Senkung aller drei Tarife um je einen Prozentpunkt dürfte geschätzte Mindereinnahmen von rund 60 Mio. Franken mit sich bringen. Angesichts der nach wie vor bestehenden Überschüsse im kantonalen Finanzhaushalt ist dies absolut verantwortbar.
Zu berücksichtigen ist schliesslich: Mit Umsetzung der OECD-Steuerreform wird eine Verlagerung des internationalen Standortwettbewerbs weg von der Unternehmensbesteuerung hin zu anderen Standortfaktoren stattfinden. Dazu gehört unter anderem die Besteuerung von natürlichen Personen. Es liegt im Interesse der Schweiz und der Wirtschaftsregion Basel, für Fachkräfte ein steuerlich attraktiver Wohnort zu sein.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 17: Anzug 3 Melanie Nussbaumer und Konsorten betreffend "Mit OECD-Mehreinnahmen Armut in Basel reduzieren"

Der Anzug ist Bestandteil eines Vorstosspakets. Die Vorstösse zielen auf die Verwendung der erwarteten Einnahmen aus der neu eingeführten Ergänzungssteuer ab. Die Ergänzungssteuer setzt die OECD-Mindeststeuer um und stellt sicher, dass international tätige Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro mindestens 15 Prozent Gewinnsteuer bezahlen. 75 Prozent der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer fliessen an die Kantone. In Basel-Stadt sind rund 100 Unternehmen von dieser Steuer betroffen.
Dass die Mehreinnahmen zur Verbesserung der Standortattraktivität eingesetzt werden, ist ein zentrales Anliegen der Wirtschaft. Die Ergänzungssteuer führt zu einer finanziellen Mehrbelastung der betroffenen Unternehmen, ohne dass hierfür ein Mehrwert geboten wird. Um im internationalen Standortwettbewerb auch in Zukunft attraktiv zu sein, ist eine anderweitige Verbesserung der Standortbedingungen daher unabdingbar.
Der im Anzug genannte Betrag von 362 Mio. Franken Mehreinnahmen gemäss BSS-Studie dürfte angesichts von Gewinnsteuereinnahmen von insgesamt 547 Mio. Franken (Budget 2024) viel zu hoch sein, was vom Regierungsrat schon mehrfach festgehalten wurde. Der Anzug weckt insofern unrealistische Erwartungen.
Sodann kann festgehalten werden, dass sich Basel-Stadt in den letzten Jahren gerade gegenüber den armutsbetroffenen Menschen im Kanton verschiedentlich grosszügig gezeigt hat. So wurden in den letzten Jahren die Prämienverbilligungen laufend an die Prämienentwicklung angepasst, was mit Blick auf andere Kantone keine Selbstverständlichkeit ist. Der Regierungsrat plant eine Erweiterung der Mietbeiträge auf alle Haushalte mit tiefen Einkommen. Und der Kanton hat eine einmalige steuerfreie Covid-Entschädigung für Personen in bescheidener finanzieller Situation in Höhe von 550 Franken geleistet. Angesichts des Umstandes, dass die Sozialhilfequote im Kanton nun seit einigen Jahren rückläufig ist (2022: 5,3%), erscheint eine Verwendung der OECD-Mehreinnahmen für höhere Sozialleistungen deshalb nicht als gerechtfertigt. Vielmehr zeigt sich, dass eine florierende Wirtschaft für den Kanton den notwendigen finanziellen Spielraum schafft, um den Ärmsten in unserer Gesellschaft tatkräftig unter die Arme zu greifen. Deshalb sollte der Fokus bei der Verwendung dieser Mehreinnahmen bei einer Stärkung der Standortattraktivität liegen.

Wir bitten Sie, den Anzug nicht zu überweisen.

Traktandum 41: Stellungnahme zur Motion Luca Urgese Umnutzung des Roche-Parkhauses an der Schwarzwaldallee zu einem Quartierparking

Die Handelskammer beider Basel hat erfreut zur Kenntnis genommen, dass der Regierungsrat bereit ist, eine Umnutzung des Roche-Parkhauses zu einem Quartierparking offen und vertieft zu prüfen und er auch schon erste Abklärungen in diese Richtung getroffen hat.
Mithilfe von Quartierparkings können die Erreichbarkeit des Standorts erhöht sowie der Parkierdruck und der Suchverkehr in den Quartieren entschärft werden. Dies trifft auch für das vom Vorstoss betroffene Wettsteinquartier zu, welches von erheblichem Parkplatzsuchverkehr belastet ist. Diese Situation hat sich im Quartier durch die Aufhebung von oberirdischen Parkplätzen sowie das nicht zustande gekommene Landhof-Parking und die Reduktion der Parkplätze im neuen Messe-Parking weiter verschärft. Die Schaffung eines Quartierparkings könnte deshalb Abhilfe schaffen.
Die Umnutzung des Roche-Parkhauses als Quartierparking begrüssen wir zudem, da wir die Vernichtung von grauer Energie durch den Abriss des Parkhauses vor dem Hintergrund der kantonalen Klimaziele als unsinnig erachten. Von einem Abriss raten wir zudem ab, da das Parkhaus mit seiner unmittelbaren Nähe zur Autobahnausfahrt strategisch äusserst günstig liegt.
Wir unterstützen aus den genannten Gründen den Vorstoss auch weiterhin mit dem Vorbehalt, dass die flankierenden Massnahmen – insbesondere die Kompensation auf öffentlichem Grund – mit Augenmass durchgeführt werden und die Funktionalität für den Umschlag weiterhin gewährleistet bleibt.

Wir bitten Sie, die Motion als Anzug zu überweisen.

Traktandum 42: Stellungnahme zur Motion Daniel Seiler Massnahmen zur Beschleunigung von kantonalen Bauprojekten

Die Handelskammer beider Basel geht mit den Motionären einig. Das Bauen, vor allem wenn es durch die öffentliche Hand geschieht, dauert in Basel-Stadt schlicht und einfach zu lange. Die zunehmende Dauer von Planung über Projektierung bis zur Fertigstellung der Bauprojekte der öffentlichen Hand machen die Projekte nicht nur teurer. Der durch sie entstehende Nutzen steht der Bevölkerung auch verzögert zur Verfügung. Diese Verzögerungen, wie auch die Einschränkungen während der Bauzeit, führen zu hohen volkswirtschaftlichen Mehrkosten. Auch entsprechen Bauprojekte aufgrund deren langer Planungszeiten bei der Fertigstellung oft bereits nicht mehr dem neusten Baustandart. Die in der Motion genannten Beispiele zeigen, dass es durchaus schneller und damit besser gehen könnte.
Aus Sicht der Handelskammer ist es deshalb angezeigt, dass der Regierungsrat einen Massnahmenkatalog erarbeitet, welcher aufzeigt, wie die Dauer von der Projektierung bis zur Fertigstellung gesenkt werden könnte. Dabei plädieren wir dafür zusätzlich abzuklären, wie die aktuelle, für Bauvorhaben und Arealentwicklungen massgebliche, Gesetzgebung und die gängigen Verfahren optimiert werden könnten. Denn auch hier besteht ein Trend zu immer längeren und komplizierteren Verfahren, welche die Regulierungskosten und damit die Baukosten stark erhöhen.
Aus den ausgeführten Gründen empfehlen wir an der Motion festzuhalten. Gerade im Hinblick auf die vielen anstehenden Infrastrukturprojekte und die Erreichung der äusserst ambitionierten kantonalen Klimaziele, sind die aktuell Projektierungs- und Realisierungszeiten nicht mehr haltbar. Insbesondere in der Planungsphase sehen wir noch grosses ungenutztes Potential schneller und effizienter zu werden. Das ambitionierte Ziel einer Reduktion um einen Drittel erachten wir unter den gegebenen Voraussetzungen als nötig und erstrebenswert. Es braucht den geforderten Massnahmenkatalog, um dringend benötigte Projekte rasch und in einem zeitgemässen Baustandart realisieren zu können. Auch wenn wir die vom Regierungsrat bereits eingeleiteten Massnahmen positiv zur Kenntnis nehmen, braucht die Motion als starkes Instrument hier endlich einen entscheidenden Schritt weiterzukommen.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 56: Stellungnahme zur Motion Franziska Roth genügend Unterrichtszeit für alle

Die Motion fordert den Regierungsrat auf, die Unterrichtszeit für die Volksschülerinnen und -schüler mindestens auf den schweizerischen Durchschnitt zu heben, damit die Erreichung der vom Lehrplan 21 vorgegebenen Lernziele verbessert werden kann. Im Hintergrund steht der Gedanke, dass die unterdurchschnittliche Unterrichtszeit die Schülerinnen und Schüler des Kantons Basel-Stadt gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen in anderen Kantonen benachteiligt und sie deshalb möglicherweise bei Leistungstests unterdurchschnittlich abschneiden.
Die Handelskammer beider Basel begrüsst das Anliegen der Motion, den Unterricht auf der Stufe Volksschule zu verbessern. Allerdings geht sie mit dem Regierungsrat einig, dass die Unterrichtszeit nur ein Faktor unter vielen ist, die einen Einfluss auf den Schulerfolg haben. Da der Regierungsrat zudem darlegt, dass Basel-Stadt bei den Pflichtfächern (mit Ausnahme von Ethik, Religionen, Gemeinschaft) auf der Sekundarstufe I im oder über dem Mittel der Deutschschweizer Kantone liegt, ist zu bezweifeln, ob eine Erhöhung der Unterrichtszeit in diesen Fächern zielführend ist, um die Leistung der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Zudem weist der Regierungsrat darauf hin, dass zurzeit zwei Massnahmenpakete in Umsetzung sind, die Auswirkungen auf das quantitative und qualitative Unterrichtsangebot haben werden. Aus Sicht der Handelskammer ist es deshalb ratsam, die Umsetzung und Prüfung dieser Massnahmenpakete abzuwarten.
Da zudem die Stundentafel für die Volksschule vom Erziehungsrat erlassen wird und nicht in der Kompetenz des Regierungsrates liegt, kann der Regierungsrat nicht mittels Motion mit einer Erhöhung der Unterrichtszeit beauftragt werden.

Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und die Motion als Anzug zu überweisen.

Traktandum 58: Anzug Sandra Bothe Einführung eines Praktikums in der Fachmaturitätsklasse Pädagogik für zukünftige Lehrpersonen

Der Anzug bittet den Regierungsrat zu prüfen und zu berichten, ob und unter welchen Bedingungen ein Praktikum in der Fachmaturitätsklasse Pädagogik als Voraussetzung zum Erwerb der Fachmaturität «Pädagogik» eingeführt werden kann. Im Gegensatz zu Fachrichtungen wie «Soziale Arbeit» oder «Gesundheit» ist aktuell zur Erlangung der Fachmaturität «Pädagogik» kein längeres Praktikum im Fachmaturitätsjahr vorgesehen. Stattdessen konzentrieren sich die Schülerinnen und Schüler im Abschlussjahr auf das Verfassen einer theoretisch ausgerichteten Fachmaturitätsarbeit.
Die Handelskammer beider Basel stimmt den Anzugstellenden zu, dass die Einführung eines Praktikums im Fachmaturitätsjahr der Fachmatur «Pädagogik» eine sinnvolle Massnahme ist, um den künftigen Absolventinnen und Absolventen einen vertieften Einblick in das Praxisfeld Kindergarten und Schule zu ermöglichen und erste Erfahrungen mit der Rolle und den Aufgaben einer Lehrperson zu machen. Auch begrüssen wir den Vorschlag, eine Absprache zur Einführung von Praktika im gesamten Bildungsraum Nordwestschweiz zu prüfen.
In seinem Bericht unterstützt der Regierungsrat das Anliegen der Anzugstellenden und verweist auf die laufende Reform des Fachmaturitätsjahrs Pädagogik, die einer vierkantonalen Arbeitsgruppe obliegt. Die Reform sieht vor, ein Fachmaturitätspraktikum von 150 Stunden in Teilzeit über ein ganzes Semester verteilt einzuführen. In Basel-Stadt sollen die Praktika in einem Pilot im Schuljahr 2025/2026 starten. Die laufende Reform greift somit die Hauptanliegen der Anzugstellenden auf.

Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und den Anzug abzuschreiben.

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