«Die Entrepreneurship-Kultur ist in unserem Land wenig verwurzelt»

13.12.2018

Ein Gespräch mit Rektorin Andrea Schenker-Wicki über die Innovations-Initiative der Universität Basel und die Massnahmen, mit denen Spin-offs, Start-ups und Unternehmungsgründungen gefördert werden.

Frau Schenker-Wicki, seit Ihrem Antritt im Sommer 2015 legen Sie grossen Wert darauf, dass sich die Universität Basel stärker im Bereich Innovation engagiert. Was braucht es damit Innovation entstehen kann?
In der Wissenschaft gibt es eine Reihe von Schlüsselfaktoren, welche der Innovationsfähigkeit als elementar und unverzichtbar zugrunde gelegt werden können. Es sind dies die Förderung von Autonomie, welche die Initiative des Einzelnen erhöht. Ebenso wichtig ist ein gutes Arbeitsklima, welches einen signifikanten Einfluss auf den Innovationsgrad hat. Und schliesslich müssen genügend Ressourcen zeitlicher und finanzieller Art zur Verfügung gestellt werden.

Welche Rolle spielen dabei die Hochschulen?
Die Forschungsuniversitäten des 21. Jahrhunderts sind zu bedeutenden Wachstumsmotoren der industrialisierten Gesellschaften geworden. Dass sich die Universitäten so entwickeln konnten, war und ist den steigenden Investitionen der Gesellschaft in die Universitäten zu verdanken. Dies hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass das Thema Impact on Society in der Politik vermehrt thematisiert wurde. Die Gesellschaft erwartet, dass die Universitäten nicht nur indirekt über erhöhte Bildungsrenditen, sondern sehr direkt über Forschungskooperationen, Patente, Lizenzen und die Gründung von Unternehmen – sogenannten Spin-offs und Start-ups – zur Entwicklung des Wohlstands beitragen.

Was braucht es, damit die in Hochschulen gewonnenen Erkenntnisse einen ‹Impact on Society› bewirken?
Um die Erkenntnisse aus den Universitäten erfolgreich umzusetzen, braucht es eine gesamte ‹Value Chain›, die angegangen und gefördert werden muss. Dazu bedarf es im Wesentlichen dreier Punkte: Sensibilisierung der Universitätsangehörigen, Vermittlung von zusätzlichen Kompetenzen und Bereitstellen von Ressourcen. Ohne eine entsprechende Sensibilisierung ist es den jungen Menschen häufig nicht bewusst, dass sie das Potenzial dazu haben, eine eigene Firma basierend auf ihren Ideen aufzubauen. Diese sogenannte Entrepreneurship-Kultur ist in unserem Lande wenig verwurzelt. Die nötigen Kompetenzen vermitteln wir in verschiedenen Kursen, Workshops sowie mittels Mentorinnen und Mentoren.

Sie haben die Ressourcen angesprochen, die für die Innovationsförderung nötig sind. Können Sie das konkretisieren?
Damit meine ich beispielsweise die juristische Unterstützung bei der Unternehmensgründung und der Patent- und Lizenzverwaltung sowie der Support bei der Suche nach potenziellen Lizenznehmern oder Kapitalgebern. Zusätzlich sollten die Universitäten ihren Spin-offs Räumlichkeiten und Labors zu günstigen Konditionen zur Verfügung stellen, wo Interessierte auf verschiedene Beratungs- und Coaching-Angebote zurückgreifen können.

Beschränken sich die von ihnen beschriebenen Aktivitäten auf die Life Sciences?
Nein, es ist entscheidend, dass sich Innovationen nicht nur auf die Life Sciences, die Medizin oder die Chemie und Physik beschränken, sondern auch die Sozial- und Geisteswissenschaften umfassen. Wie gehen wir mit einer ständig älter werdenden Bevölkerung um? Wie stellen wir die Funktionsfähigkeit unserer Sozialversicherungssysteme sicher? Und ganz aktuell: Welche Werte zählen in einem Zeitalter, in welchem fake news Hochkonjunktur haben? Uns allen ist klar, wie wichtig technische Innovationen sind. Dabei unterschätzen wir aber manchmal die Bedeutung von sozialen Innovationen, die für die Entwicklung unserer Gesellschaft unverzichtbar sind. Die Universitäten müssen sich beiden Formen der Innovation annehmen, aus Verantwortung und Verpflichtung.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Kommentare

Es wurden noch keine Kommentare verfasst.

Member.HUB