Änderung des Ausländergesetzes: Umsetzung von Art. 121a BV

10.05.2015

Stellungnahme zur Änderung des Ausländergesetzes: Umsetzung von Art. 121a BV und Anpassung der Gesetzesvorlage zur Änderung des Ausländergesetzes

Für die Mitgliedunternehmen der Handelskammer beider Basel ist der diskriminierungsfreie Zugang zum EU-Markt äusserst wichtig. Bei der Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung ist deshalb als oberstes Ziel die Erhaltung der Bilateralen Verträge I zwischen der Schweiz und der EU anzustreben. Ebenso ist für die Wirtschaft vorrangiges Ziel, dass bei der neuen Begrenzung der Zuwanderung von erwerbstätigen, ausländischen Arbeitskräften die gesamtwirtschaftlichen Interessen des Landes im Vordergrund stehen.


Der Bundesrat schlägt in seiner Vorlage eine starre Kontingentslösung vor, die den vorhandenen Spielraum bei der Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung nicht nutzt. Der Vorschlag stellt keine gangbare Lösung dar, weil sie aussenpolitisch kaum durchsetzbar ist, ohne das FZA und die bilateralen Verträge aufs Spiel zu setzen. Eine wirklich abschliessende Gesamtbeurteilung betreffend Umsetzung von Art. 121a BV wird erst möglich sein, wenn das aktuell noch völlig unvorhersehbare Resultat der Verhandlungen über die Anpassung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) vorliegt. Aufgrund dessen fordert die Handelskammer beider Basel, dass wenn die Verhandlungen mit der EU zu einer neuen Ausgangssituation, zu neuen Steuerungsformen oder zu weiteren, relevanten und neuen Aspekten führen sollten, zwingend ein zusätzliches Vernehmlassungsverfahren durchzuführen ist.


Einführung eines „Schutzklausel-Modells“

Im Hinblick auf den Verhandlungsspielraum, den die neue Verfassungsbestimmung eröffnet, ist von dem starren Kontingentssystem des Bundesrates Abstand zu nehmen. Anstelle dessen sollen die Nachverhandlungen zum FZA auf das von den Wirtschaftsverbänden vorgeschlagene Schutzklausel-Modell ausgerichtet werden. Damit wird den in Art. 121a BV explizit genannten „gesamtwirtschaftlichen Interessen“ des Landes Rechnung getragen.


Umsetzungsprozess des Schutzklauselsystems mit Globalkontingent

Die vorgeschlagene Lösung weicht vom strikten Wortlaut von Art. 121a BV ab. Das vorgeschlagene Schutzklausel-Modell ist daher ebenfalls auf Verfassungsstufe zu legitimieren, bspw. durch Einführung eines neuen Art. 121b BV, welcher den Art. 121a BV ergänzt und seine Umsetzung konkretisiert. Ein solches Vorgehen verlangt eine Volksabstimmung. Der Vorteil liegt darin, dass das Volk über einen konkreten Umsetzungsmechanismus abstimmen kann und damit der Volkswille, die Zuwanderung besser zu steuern, respektiert wird. Gleichzeitig können mit dieser Lösung auch die Interessen und Bedürfnisse der Wirtschaft berücksichtigt werden.


Höchstzahlen und Kontingente für Kurzaufenthaltsbewilligungen

Der Bundesrat sieht gemäss seinem Entwurf des Ausländergesetzes (E-AuG) Höchstzahlen und Kontingente bereits für Kurzaufenthaltsbewilligungen ab vier Monaten vor. Gemäss Auslegung von Art. 121a BV im Gutachten des Bundesamts für Justiz vom 8. April 2014, könnte im Rahmen der ausgelegten Verfassungsbestimmung für Kurzaufenthalte bis zwölf Monate auf die Kontingentierung und die Unterstellung unter eine Höchstzahl verzichtet werden. Die Handelskammer beider Basel beantragt daher, diesen Auslegungsspielraum zu nutzen. Aufenthalte bis zwölf Monate sind auch bei Erwerbstätigkeit nicht zu kontingentieren und keiner Höchstzahl zu unterstellen.


Privilegierte Grenzgängerbewilligungen

Das Grenzgängertum ist für Grenzregionen wie die Region Nordwestschweiz von existenzieller Bedeutung. Die wirtschaftliche Bedeutung der Grenzgänger in diesen vergleichsweise äusserst wertschöpfungsstarken Regionen ist so hoch, dass sie im gesamtwirtschaftlichen Interesse des Landes liegt. Die Grenzgänger haben insbesondere keinen Einfluss auf die ständige Wohnbevölkerung des Landes.
Die Handelskammer beider Basel fordert, dass hinsichtlich der Grenzgängerbewilligungen – auch wenn Art. 121a BV eine Kontingentierung verlangt – auf den Inländervorrang verzichtet wird, bzw. dass Grenzgänger zum Inländerpotential zählen und die Festsetzung von Kontingenten den Kantonen überlassen wird. Mit einer Kantonskompetenz können auch die spezifischen Bedürfnisse des Tessins abgedeckt werden.

 

Stellungnahme Umsetzung MEI

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