Stellungnahme Anpassungen Raumplanungs- und Baugesetzes

03.10.2018

Die Handelskammer beider Basel setzt sich für föderale Strukturen und die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ein. In dieser Vorlage geht es um die Vorstellung von Varianten, wie die Aufgaben und Kompetenzen im Bereich Raumplanung neu zwischen dem Kanton Basel-Landschaft und seinen Gemeinden vergeben werden könnten. Die Handelskammer ist einem solchen Vorgehen nicht grundsätzlich abgeneigt, sieht jedoch die reelle Gefahr, dass sich die Flächenplanung in Zukunft weniger an den Bedürfnissen der Unternehmen ausrichten könnte, wenn jede Gemeinde für sich, oder im Gremium, sowohl Umfang als auch Nutzungszweck der Wirtschaftsfläche festlegen kann. Die Handelskammer beantragt daher, die Ausweisung von Wirtschaftsflächen, im Sinne der Zweckmässigkeit, im Kompetenz- und Aufgabenbereich des Kantons zu belassen. Die konkrete Aufteilung der Kompetenzen und Aufgaben soll nach Erarbeitung nochmals gesondert in die Vernehmlassung gegeben werden. Weiter fordert die Handelskammer, bei der Raumplanung eine mindestens überkantonale Perspektive einzunehmen.

Ausgangslage

Im Kanton Basel-Landschaft ist seit dem 1. Januar 2018 § 47a der Kantonsverfassung in Kraft. In ihm ist die Aufgabenzuteilung zwischen dem Kanton und den Gemeinden des Kantons geregelt. Diese muss dem „Verfassungsauftrag Gemeindestärkung (VAGS)" Rechnung tragen, wobei die Zuordnung der Kompetenzen und Aufgaben zweckmässig zu erfolgen hat und bei Bedarf einer Überprüfung unterzogen werden können soll.

Hierfür haben zunächst der Verband Baselbieter Gemeinden (VBLG) und der Regierungsrat das Pilotprojekt ‚Raumplanung' lanciert, welches die zweckmässige Zuordnung der Kompetenzen in der Raumplanung zwischen den Verwaltungsebenen definieren soll. Mit dem RRB Nr. 1376 vom
27. September 2016 wurde ein konkreter Projektauftrag ‚VAGS-Raumplanung' beschlossen, dessen Bericht in Form einer Auslegeordnung nun vorliegt. Ziel der Vorlage ist es, für Gemeinden im Kanton Basel-Landschaft künftig mehr eigene raumplanerische Kompetenzen aufzubauen und wahrzunehmen, regional zu planen und zu handeln sowie ihren Handlungsspielraum bei Planungsaufgaben zu erweitern.

Die Handelskammer beider Basel nimmt im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens Stellung zu den dargestellten Varianten sowie der ausgesprochenen Empfehlung zur Umsetzung des Vorhabens.

 

Konzeption
Fragestellung

Das Projektteam wurde laut Bericht zur Vernehmlassung damit beauftragt, im Rahmen einer Auslegeordnung, unter anderem, folgende Fragen zu beantworten:

  • Was läuft in der BL-Raumplanung optimal? Was kann verbessert werden? Was braucht es zusätzlich?
  • Wo besteht Handlungsbedarf aus Sicht der Gemeinden / aus Sicht des Kantons?
  • Definition (allfälliger) externer Experten und Verfahren der Rekrutierung.
  • Analyse der Gesetzesgrundlagen hinsichtlich Optimierungs- und Änderungsmöglichkeiten. Ziel: Konsens über die anzugehenden Themen zu erreichen.

Basierend darauf wurde entschieden, zunächst das Thema Regionalplanung entlang der folgenden Parameter zu bearbeiten: Erfolgsfaktoren und Stolpersteine, Aufgaben und Aufgabenteilung, Verbindlichkeit und Verpflichtung, Trägerschaft und Organisation, Perimeter, Schnittstellen, Kosten und Finanzierung sowie die Effizienz und die Stellung im Verhältnis zum Agglo-Programm.


Varianten der Umsetzung

Es wurden in der Folge die folgenden drei Varianten erarbeitet, welche für eine Umsetzung der Regionalplanung im Kanton Basel-Landschaft in Frage kommen:

 

Variante 1: Projektorientierte Zusammenarbeit als Basis der Regionalplanung

  • Gemeinden bilden ad hoc Projektorganisationen in funktionalen Räumen
  • Ziel ist die Lösung interkommunaler Fragstellungen der Raumentwicklung
  • Freiwilligkeit mit punktueller Verbindlichkeit

 

Variante 2: Institutionalisierte Regionalplanung

  • Zusammenschluss aller Gemeinden zu Regionalverbänden
  • Auftrag der Regionalverbände: Aufgaben der Raumplanung in der Region zu koordinieren
  • Kanton unterstützt Regionalverbände und delegiert Aufgaben und Kompetenzen an die Regionen
  • Pflicht für jede Gemeinde sich einem Regionalverband anzuschliessen
  • Einführung eines regionalen Richtplans

 

Variante 3: Regionalentwicklung

  • Zusammenschluss der Gemeinden zu Zweckverbänden
  • Gemeinsames Vorantreiben der regionalen Entwicklung und Stärkung regionaler Potenziale
  • Kanton unterstützt Regionen subsidiär und arbeitet mit ihnen projektbezogen zusammen
  • Pflicht für jede Gemeinde sich einem Zweckverband anzuschliessen
  • Delegation von kantonalen Aufgaben an Regionen im Rahmen von Leistungsvereinbarungen

Insgesamt ist deutlich erkennbar, dass es sich bei Variante 1 um den am wenigsten weitreichenden und, zugleich, hinsichtlich des Engagements der Gemeinden, unverbindlichsten Vorschlag handelt. Variante 3 hingegen sieht eine Pflicht der Gemeinden zum Zusammenschluss in Zweckverbänden vor. Dafür erhalten sie deutlich mehr Autonomie, indem ihnen der Kanton Aufgaben überträgt und nur subsidiär durch diesen im Rahmen von Projekten unterstützt wird.

Die Vorlage präferiert in der Bewertung Variante 3, da diese den grössten Zusatznutzen gegenüber der gegenwärtigen Situation verspricht und gleichzeitig ohne starke Formalisierung auskommt. Der Projektausschuss möchte dieser Empfehlung folgen, jedoch soll eine Verpflichtung zur Steuerung der regionalen Entwicklung formuliert werden, die mehr Freiwilligkeit beinhaltet. Ausserdem soll der konkrete Nutzen der Steuerung für die einzelne Gemeinde und die Region sowie die Kosten der Variante präzise aufgezeigt werden.

Die Handelskammer beider Basel setzt sich stets für eine regionale Betrachtungsweise der Raumplanung und -entwicklung ein. Wichtig ist hierbei die Gesamtschau funktionaler Räume, welche insbesondere in der wirtschaftlich starken und räumlich dichten Nordwestschweiz über Kantonsgrenzen hinweg gehen. Die Handelskammer befürwortet zudem das Prinzip der Subsidiarität bei der staatlichen Aufgabenteilung, wie sie auch dem „Verfassungsauftrag Gemeindestärkung (VAGS)" zugrunde liegt.

Gerade im Bereich der Wirtschaftsflächen, welche einen wichtigen Grundpfeiler für Wachstum und Wohlstand in der Region darstellen, bestehen jedoch grosse Bedenken, wenn insbesondere die Nutzungszwecke der Areale künftig von den Gemeinden, oder von sich aus Gemeindevertretern zusammengesetzte Gremien, festgelegt werden. So ist bereits heute erkennbar, dass auf lokaler Ebene die Verfügbarkeit von Wirtschaftsflächen für eine lärm- oder geruchsintensive Nutzung, aber auch für Branchen mit tendenziell geringerer Wertschöpfung, deutlich angespannt ist. Eine Autonomie auf Gemeindeebene hätten für diesen Bereich voraussichtlich gravierende negative Folgen.

 

Forderungen

Aus Sicht der Handelskammer ist bei der Umsetzung des „Verfassungsauftrags Gemeindestärkung (VAGS)" darauf zu achten, dass insbesondere im Bereich der Wirtschaftsflächen weiterhin eine gesamtheitliche Betrachtung, mindestens auf Ebene des Kantons, stattfindet. Es ist aus unserer Sicht nicht zielführend, wenn jede Gemeinde für sich, wenn auch koordiniert in einem Gremium, festlegen kann, welche konkreten Flächen für welchen Nutzungszweck zur Verfügung zu stellen sind.

Die Handelskammer setzt hier auf den Kanton als ausgleichende Instanz, welche allfällige Lasten in einem solidarischen Verfahren berücksichtigen kann. Überdies empfiehlt die Handelskammer schon länger, die Raumentwicklung und -planung auf einer überkantonalen Ebene zu organisieren. So könnten Synergien optimal genutzt, Überkapazitäten vermieden und Lasten solidarisch kompensiert werden.

 

Fazit

Die Handelskammer beider Basel nimmt in Bezug auf die Raumentwicklung und -planung stets eine regionale Sichtweise ein, bei der funktionale Räume – kantons- und sogar länderübergreifend – betrachtet werden.

Bei dieser Vorlage ist für die Handelskammer zentral, dass der Verfassungsauftrag im Sinne der Subsidiarität umgesetzt wird, ohne, dass hierbei gravierende Nachteile für den Wirtschafsstandort entstehen. So muss beispielsweise die Ausweisung von Wirtschaftsflächen weiterhin durch den Kanton erfolgen, wobei beim konkreten Nutzungszweck eine möglichst hohe Flexibilität für die Unternehmen zu erhalten ist. Auch mögliche Standorte für eher unbeliebte Einrichtungen, wie etwa Deponien, sind durch den Kanton festzulegen. Die konkrete Aufteilung der Aufgaben und Kompetenzen soll, aufgrund der oben beschriebenen Problematik, nach der Ausarbeitung nochmals gesondert in Vernehmlassung gegeben werden.

 

Stellungnahme: Anpassung des Raumplanungs- und Baugesetzes

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