Werkstatt Basel: (Un)Wahrheit um jeden Preis

22.06.2017

In der aktuellen Ausgabe der Werkstatt Basel zum Thema «(Un)Wahrheit um jeden Preis» diskutierten Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien um Nachrichten, verdrehte Fakten, Unwahrheiten – das Thema Fake-News ist in aller Munde. Es vergeht kein Tag, an dem das Thema keine Schlagzeilen macht. Wie gehen wir damit um und was bedeutet dies für den Dialog zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Politik?

In der «Werkstatt Basel» diskutierten Regierungsrat Baschi Dürr, bz Chefredaktor David Sieber und Psychologie-Professor Rainer Greifeneder mit Moderator Dani von Wattenwyl über Fragen wie: Was ist der Preis der Wahrheit? Oder was kann man für einen glaubwürdigen Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft tun? Denn der vertrauenswürdige Dialog steht auf der Probe. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Medien und so genannte Fake News.

Fake News  haben spätestens seit der US-Präsidentschaftswahl von vergangenem Herbst an Brisanz gewonnen. Mit Fake News werden Nachrichten bezeichnet, die nicht nur falsch sind, sondern meist auch ganz gezielt gestreut werden — im Sinne einer Meinungsbildung.

Wie steht es bei uns um die Glaubwürdigkeit?

Das Publikum bewertete mittels E-Voting die Glaubwürdigkeit von Wirtschaft, Politik und Medien. Hier die Resultate:

  • Hat die Wirtschaft ein Glaubwürdigkeitsdefizit: 52.7% JA, 47.3% NEIN
  • Hat die Politik ein Glaubwürdigkeitsdefizit: 86.2% JA, 13.8% NEIN
  • Haben die Medien ein Glaubwürdigkeitsdefizit: 74.0% JA, 23% NEIN
Und damit war die Diskussion lanciert

Schnelllebigkeit und soziale Medien machen es schwierig, blosse Behauptungen als solche zu entlarven und Wahres von Unwahrem zu unterscheiden. Es fehlt die Zeit, Informationen zu prüfen oder zu hinterfragen. Also glauben wir einfach alles. Oder wir glauben eben niemandem mehr, was unweigerlich zu einem Vertrauensverlust führt und langfristig zu einer Verschärfung der gesellschaftlichen Probleme. David Sieber: «Durch die sozialen Medien haben die Journalisten ihre Deutungshoheit verloren. Heute kann jeder alles behaupten. Wichtig ist daher,  dass wir die Medienkompetenz fördern, damit Unwahrheiten eben auch als solche erkannt werden.» Rainer Greifeneder: «Passt eine Aussage in unser Weltbild und vertrauen wir der Quelle, bezweifeln wir kaum die Richtigkeit einer Aussage.» Auch Dr. Beat Oberlin, ehemaliger Präsident der Basellandschaftlichen Kantonalbank, argumentiert in die gleiche Richtung und fordert in diesem Zusammenhang vermehrte Investitionen in die Bildung: «Unser Bildungssystem sollte jungen Menschen mehr Medienkompetenz ermöglichen.»

Doch was bedeutet überhaupt Unwahrheit und ist jede Lüge eine Unwahrheit? Augustinerpater Hermann-Josef Zoche wies in seinem Inputreferat darauf hin, dass hinter Unwahrheiten manchmal auch eine gute Absicht steckt: «Menschen lügen, um ihre Umwelt im Gleichgewicht zu behalten.» Lesen Sie dazu seine Thesen:

Thesenpapier zu Wahrheit

Fazit

Jede und jeder einzelne steht in der Verantwortung, sorgfältig mit Informationen umzugehen — ob Produzent oder Konsument von Informationen. Kritisch hinterfragen ist wichtig. Damaris Buchenhorner, VR-Präsidentin der Mineralquelle Eptingen AG, empfiehlt den bewussten und gezielten Austausch mit Menschen, die anderer Meinung sind. Für Rainer Greifeneder ist denn auch klar, dass es wieder mehr Vertrauen seitens der Gesellschaft braucht, damit ein glaubwürdiger Dialog stattfinden kann: «Vertrauen ist wichtig für das Funktionieren einer Gesellschaft.» Beat Oberlin fordert mehr Konkordanz, um gemeinsam Lösungen zu finden: «In der Schweiz kennen wir das Prinzip der Konkordanz — dazu müssen wir Sorge tragen.»

Stimmen des Publikums (SMS-Inputs)

Das Publikum hatte die Möglichkeit, sich mittels SMS in die Diskussion einzubringen:

  • «Indikator des Misstrauens ist Wahlbeteiligung der Bevölkerung» (zur Glaubwürdigkeit der Politik)
  • «Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer.‘ Das ist doch eine Ausrede und man weicht der Verantwortung aus. Das hat doch auch mit Zivilcourage zu tun??!! (zur Arbeit der Medien)» 
  • «Wie beurteilen die Medien das ‚Lügen‘ durch selektives Nicht-Mitteilen von Wahrheit; Stichwort ‚Lückenpresse‘» 
  • «Tatsachen und Meinungen werden laufend vermischt, insbesondere durch die Medien. Dies insbesondere um bei den Empfängern entsprechend Stimmung zu erzeugen und Meinungen zu steuern.» 
  • «Als die Erde noch eine Scheibe war, waren das Fake News oder ist Wahrheit nicht immer relativ?» 
  • «Manchmal ist es interessant die Diskrepanz zu sehen zwischen der Wahrheit, die ich kenne und dem, was ich in den Medien lesen kann.» 
  • «Frage: Wo liegt der Unterschied zwischen ‚die Unwahrheit sagen‘ und ‚die Wahrheit sagen‘ und ‚die Wahrheit NICHT sagen‘?» 
  • «Fake News: Wie erkenne ich als Konsument schnell, einfach und kompetent, ob ‚wahr‘ oder ‚unwahr‘?» 
  • «Volksabstimmung: Vielleicht müssten wir mal analysieren, wie die Art der Meinungsbildung geschieht. (Wir werden evtl. von Gegnern und Befürwortern manipuliert.)» 
  • «In der Politik gilt für mich: Gib ihm Macht und du lernst ihn kennen – dann zeigt sich, ob die Versprechungen wahr waren…»

Input
  • Prof. Dr.Dr. Hermann-Josef Zoche, Augustinerpater und Buchautor

 

   Podium
  • Baschi Dürr, Regierungsrat Kanton Basel-Stadt
  • David Sieber, Chefredaktor Basellandschaftliche Zeitung
  • Prof. Rainer Greifeneder, Fachbereichsleiter Sozialpsychologie, Universität Basel

        

Backing
  • Damaris Buchenhorner, VR-Präsidentin Mineralquellen Eptingen AG
  • Dr. Beat Oberlin, CEO Basellandschaftliche Kantonalbank bis 31.12.2016
  • Prof. Dr.Dr. Hermann-Josef Zoche, Augustinerpater und Buchautor

 

 

Themen-Intro

 

Impressionen

  

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